Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1925, Síða 14
wertet, die die moderne Sprachwissenschaft fordert. Es sind nur Originale und zeit-
lich und örtlich gesicherte Abschriten zugrunde gelegt und die Belege genau zitiert
worden, dánisch oder norwegisch beeinfluöte Denkmáler ausgeschieden und nur manch-
mal zur Ergánzung herangezogen worden. Die Inventarisierung ist nicht erschöpfend,
soll nur bei seltener bezeugten Erscheinungen vollstándig sein. Da auch die vorhandene
Literatur fleiöig verglichen worden ist, geniigt das Buch im ganzen durchaus fach-
gelehrten Ansprúchen, obgleich es offenbar in erster Linie zur Belehrung des Islánders
úber die Geschichte seiner Muttersprache geschrieben ist. Auf Einzelheiten kann hier
nicht eingegangen werden. — Die Hauptergebnisse der Untersuchung sind, daö die
Veránderungen fast alle um die Mitte des 14. Jahrhunderts vom Nordlande aus ihren
Zug úbers Land antreten, oft ohne die Ost- und Westföhrden zu erreichen. Danach
ist der Verf. geneigt, einer Zweiteilung der Sprachgeschichte mit 1450 als Grenzjahr
das Wort zu reden. Er bleibt aber doch bei der Dreiteilung, weil sich zwei Zeitráume
besonders starker Veránderungen nachweisen lassen, 1200—1250 und 1550—1600;
um 1300 und um 1600 ist eine Art Ruhezustand eingetreten. — S. 58—65 findet man
eine ausfúhrliche Darstellung der neuislándischen Betonungsverháltnisse, die freilich
nicht in allem unwidersprochen bleiben kann. Sicher ist, daö das Islándische besonders
stark zu wechselnder Betonung neigt, was auch fúrs Norwegische (von O. Broch in
Festskrift til Prof. Alf Torp, 1913, S. 46 ff.) und fúrs Englische (von F. van Draat,
Anglistische Forschungen 29, 1910, S. 16 f.; F. Prick van Wely, Englische Studien,
47, S. 185 ff. und 48, S. 477 ff.) nachgewiesen worden ist. Die aufs Altislándische be-
zúglichen Erörterungen, S. 65—72, befriedigen weit weniger, da der Verf. sich haupt-
sáchlich auf Poesie stútzen muö, aber mit Sievers die Bedeutung von Takt und Pause
im Takt ubersieht. — Als Beigaben folgen ein kurzer phonetischer Uberblick úbers
Neuislándische, 5 Seiten, wesentlich historisch, und Regeln zur Uniformierung mittel-
islándischer Texte, schlieölich auch eine Liste verislándischter grammatischer Aus-
drúcke, die zum Teil vom Verf. neugeschaffen sind. Es kommt kaum eine islándischc
gelehrte Neuerscheinung heraus ohne eine Zahl von nýyrði!
Der Verf. hat schon als Pfarrer zu Kvennabrekka ,,in den Tálern" historische Nei-
gungen gepflegt und ist durch Beitráge im Skfrnir auch dem Auslande bekannt ge-
worden. Seit seinem Rúcktritt vom Amt und seiner Ubersiedlung nach Reykjavík
ist er besonders als Sprachforscher hervorgetreten. Von der Herausgabe eines Wörter-
buches der islándischen Gesamtsprache ist man besonders der groöen Kosten wegen
abgekommen; er veröffentlichte im Regierungsauftrage dazu 'Alit og tillögur urn
Tslenzka orðabók, 1920. 1922 erschien Söguleg lýsing íslenzkrar réttritunar um rúmt
100 árá síðustu, auch im Skólablað; seitdem brachten zwei Hefte des Skírnir ausfúhr-
Iiche Besprechungen von Valtýr Guðmundssons Islandsk Grammatik, S 8., und von
Alexander Jóhannessons Tslenzk tunga £ fornöld, 3 S. — Fúr die vorliegende Arbei*
gebúhrt dem Verf. viel Dank; in Aussicht gestellte weitere Veröffentlichungen, die auch
auf Formengeschichte und Syntax eingehen sollen, sind sehr willkommen.
Berlin-Lichtenrade. Georg Webe*
YII. VORTRÁGE
Herr Heinrich Erkes hált im Sommersemester 1925 an der Universitát Köln einc all'
gemeine öffentliche Vorlesung úber die islándische Besiedlung Grönlands und Auffindung
Amerikas ums Jahr 1000 nach den neuesten Forschungen.
VIII. NOTIZEN
r. Der Geologe Konrad Keilhack, der zum ersten Male im Jahre 1883 Island besuchtc
und im vorigen Jahre (1924) nochmals auf Island war, wird in diesem Sommer (i9z5’
wiederum nach Island reisen.
2. Der Vogelforscher Emil Sonnemann, der 1908 Island, im besonderen die Westmánnef-
inseln, zu ornithologischen Beobachtungen besuchte, beabsichtigt in diesem Sommer
(^925) eine neue wissenschaftliche Reise nach Island.
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