Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Side 9
Wiegen der Stádte waren leer und die Hansa hatte, anders als Danemark und
England, kein báuerliches Hinterland, das ihr pohtisch fest angegliedert war.
Damals versuchten die Portugiesen den Spaniern bei der Entdeckung eines
Seeweges nach Indien zuvorzukommen. Die Siege der Turken hatten den Land-
weg versperrt. Prinz Heinrich der Seefahrer und sein Neffe auf dem Thron in
Lissabon giaubten, man werde iiber den Pol am raschesten nach dem sagenhaften
Indien gelangen. Sie verhandelten mit dem dánischen Hof iiber eine gemeinsame
Eorschungsreise, und der König von Dánemark hatte einen beruhmten Seefahrer,
den gröfiten der nordischen See auf Island.
Wir dúrfen vermuten, dafi Pining, der rastlos die Meere durchforschte, der vor
den Islándern um jenes geheimnisvolle Westland wufite, das erst seit zwei oder
drei Jahrhunderten verloren war, den Plan einer Westfahrt schon vorbereitet
und nicht nur um der Eisbáren willen auf Grönland schon einen festen Stútz-
punkt gebaut hatte. Er nahm den Grafen Cortereal, Freund des Königs von Por-
tugal, an Bord und segelte mit ihm und seinem Schiffsoberst Pothorst nach Neu-
fundland. Auch der Norweger Scolvus, der schon im Jahre darauf noch einmal hin-
úberfuhr, wird als Steuermannruhmvoll genannt. Die Mannschaft wird, da auf den
Schiffen die niederdeutsche Sprache herrschte, vorwiegenddeutschgewesen sein.
Was danach kommt, ist nur aus Bruchstúcken zusammenzutragen. Diderik
Pining, Fiihrer der Mánner, die sich eine neue gerechte Welt in der Ferne tráum-
ten, vernachlássigt seine bisherige Residenz Vardöhus, ein Schlofi nahe dem
Nordkap, und setzt von nun an alles auf Island. Er hat offenbar versucht, hier
fur immer Fufi zu fassen. So oft er von seinem König und Vizekönig abberufen
wurde, — gegen England, Holland und Schweden — und so getreu er dem Ruf
folgte, so sehr muhte er sich trotzdem, Island zum Kernsttick des Nordens zu
machen. Weitschauende Politik war es; Island war der Pfeiler, wenn zwischen Eu-
ropa und dem neuen Land im Westen eine feste Brúcke geschlagen werden sollte.
Diderik Pining hat auf Island Gesetze geschaffen, die heute noch nach ihm
heifien, und die — eines der ersten Male — die Ftirsorge ftir die Armen in die
Aufgaben des Staates nahm. Er hob das bedrohliche Landstreichertum der Land-
losen auf und verpflichtete zur Arbeit.
Er rang um die Seele der nach Unabhángigkeit dúrstenden islándischen Bau-
ern. In einem dritten Gesetz hat er Frieden zwischen den fremden Schiffen in
den Háfen geboten. Das bedeutete den halben Weg zur Selbstándigkeit.
Der Insel Island war námlich von dem norwegischen König seit Jahrhunder-
ten der eigene Handel verboten. Der Schmuggel bltihte daftir, aber er zog Raub,
Kampf und Krankheit nach der Insel, die schliefilich auf ein Viertel ihrer frtiheren
Einwohnerschaft zurtickging. Die Englánder, die in bestándigem Wettlauf mit
den Hamburgern unter der Ktiste fischten und handelten, liatten damals die
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