Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Síða 10
Faröer gewonnen und hatten auf Island den Vorganger Diderik Pinings, Thorleif
Björnsson, erschlagen und zerstiickelt. Sie plunderten die Kústen der Insel und
fochten mit den Hamburger Schmuggelschiffen, die ihnen allerdings damals úber-
legen gewesen zu sein scheinen. Keine Ordnung gab es auf Island, noch in den
islándischen Gewássern. Da kam der Statthalter Diderik Pining; er hinderte den
Schmuggel, jagte die Piraten von der See, erklárte entgegen allen Verboten und
Monopolen den Handel der Hansen und Englánder fiir rechtlich und öffnete,
ohne Norwegen und den König zu fragen, eine Anzahl Háfen fúr den ehrlichen
Handel, — ja, noch viel mehr: er zwang die Fremden, in den Háfen Frieden mit-
einander zu halten.
Was hatte Diderik Pining damals vor ? Wollte er Island die volle Unabhángig-
keit schenken, wollte er jenen Stein im Meer zwischen neuer und alter Welt zum
festen Absprung fúr das „Land in der Dámmerung“ machen ?
Wir wissen nicht viel von dem, was in jenen Jahren auf Island geschah, wir
wissen nicht, was der Statthalter von Island im Herzen trug. Er blieb der weit-
schweifende, unbándige Seefahrer. Was aber auf Island lebte, war eine harte
Bauernschaft, zwar gering an Zahl, aber záh und fremd dem Fremden, war ein
geistlicher Stand, der ein gutes Drittel der herrenlosen Höfe des Landes besaB
und dem Statthalter niemals die Einziehung des Zehnten zugunsten der staat-
lichen Gewalt vergeben haben wird.
Noch schwerer aber wog: Um jene Zeit begannen die Glaubenswehen in
Deutschland, und die Unruhigen, die bis dahin zur See fuhren und zu den Glie-
kendeelern stieJBen, wurden durch die wachsende Erregung im Lande gehalten.
Diderik Pining war die letzte groBe Gestalt unter den Gesetzlosen des fúnfzehn-
ten Jahrhunderts. Was spáter an Abenteurern, an Unruhe in unserem Volke
wuchs, suchte andere Wege.
Reformation und Gegenreformation wurden Deutschlands Schicksal. Es hat
darúber versáumt, Anteil an der Welt zu fordern. Diderik Pining, der Entdecker
Nordamerikas, war einer der Weitschauenden, der, so meinen wir, den Willen
hatte und dessen Kraft gereicht hátte, um ein Volk úber See zu ftihren. Die
Götter wollten unsere Stunde nicht. Diderik Pining kam um; sein Nachfolger,
Sohn oder Neffe, besaB nicht die herrliche wilde Kraft des Alteren, er muBte
schon nach Jahresfrist Island aufgeben. Vielleicht zog es ihn heim, Deutschland
war wichtiger geworden als der Stein im Norden. Diderik Pining hatte noch an
Ferne und Weite tmd leere Lánder gedacht; die Jungen tráumten vom neuen
Menschen, ,,der sich von innen her öffnen sollte“, sie brauchten keine fremden
Leute und Lánder.
Ein Katalone, auch ein kúhner und groBer Mann, fuhr statt der Deutschen
gegen Westen.
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