Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Side 11

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Side 11
Halldór Jvil jaii Laxness von Stefán Einarsson (Fortsetzung) Der erste Teil dieser Arbeit uber einen der meist besproehenen islándischen Sehriftsteller der Gegenwart ist ersehie- nen im vorigen Heft von „Island“. Gerade in dieser Volksmenge findet Halldór Kiljan Laxness die „uberpersön- Kchen Wesenheiten“, aus denen die Wirklichkeit zusammengeflochten ist, und es sind die Verkörperungen dieser iiberpersönlichen Wesensmáchte, denen er in den Hauptpersonen seines Romanes Fleisch und Blut gibt. Da steht an erster Stelle Salka-Valka, die starke Urkraft im menschlichen Leben; wenn irgendwo in Óseyri am Axlarfjör ur die Wirklichkeit zu finden ist, dann in diesemFischer- mádchen. Sie ist ebenso kraftvoll wie ihre Mutter schwach ist; sie ist geboren, um wie ein Berserker durch den Lebenskampf hindurchzugehen und iiberall Sie- gerin zu bleiben, wo ihre Mutter wie willenloses Treibholz auf dem Strom der Leidenschaften dahintreibt, bis der Tod ihrem Leben ein Ziel setzt. Auf der einen Seite steht neben Salka-Valka Steindor, das Urbild der blinden irdischen Leiden- schaften, die eine wilde Kraft besitzen und nichts iiber sich anerkennen als den eigenen Willen. Und auf der anderen Seite Arnaldur, eine Verleiblichung des boh- renden Gedankens, des Fernwehs und des Dranges zur Vollkommenheit. Zwi- schen diesen stárksten Magneten wird die Seele des Mádchens hin und hergezo- gen, so wie die Seelen aller starken Menschen. Und der Dichter versteht es, dieses ewige Menschenwesen leibhaftig und leben- dig zu machen. Ausgezeichnet ist vor allen Dingen das Bild, das er von Salka- Valka entwirft, diesem urwiichsigen und willensstarken jungen Weib, dem alle geistigen Bediirfnisse und Glaubenszweifel fremd sind, und die geradewegs dar- auf ausgeht, vorwárts zu kommen in dieser Welt, wie sie nun einmal in diesem Fischerplatz sich darbietet. Aber trotz ihrer Glaubensfremdheit mid ihres aus- gesprochenen Diesseitswillens trágt sie unter ihrer Olschurze ein Herz, das ebenso starken Anteil nimmt an dem Ungliick anderer wie ihre harten Hánde sich zur Verteidigung ballen und ihre Zunge scharf wird, wenn man sie angreift. Als Ar- naldur zum SchluB mit der kommunistischen Idee in den Ort kommt, da ist Salka-Valka nur langsam dafiir zu gewinnen; aber als sie dann die Sache iiber- dacht und sich von ihrer Giiltigkeit úberzeugt hat, da ist sie entschlossen, ihr zum Siege zu verhelfen — viel entschlossener als der Apostel der Bewegung selbst, der viel zu zweiflerisch ist, um auf die Dauer den Glauben an seine eigene Sache zu behalten. Denn Arnaldur ist nicht ein Kind dieser Welt, seit seiner Knabenzeit hat er in dem Traumland „weit hinter den blauen Bergen“ gelebt. 75

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