Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Blaðsíða 20

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Blaðsíða 20
kessel des Innern, aus dem 4 Tage lang der Sturm getobt batte, war es noch immer dunkel. Am iibrigen Horizont: Kumuluswolken. Nur iiber uns war der Himmel klarblau. Der Wind hatte sich von NW nach 0 gedreht. Die Temperatur war etwas unter 0 Grad. Der Boden hart. Alle Bache zugeweht. Um unsere Kastellmauer hatten sich Schneewehen rmd práchtige Hohlkehlen gebildet. Úber den Boden hin trieb heftiges Schneefegen. Schroff und steil erheben sich die Kverkfjöll aus dem Eise. Wir schátzten unsere Entfernung auf nur 4km. Das Eis, der Bruárjökull, scheint, soweit wir erkennen konnten, bis unmittelbar an den GebirgsfuB heranzureichen. Nach S bzw. SW lehnt sich ein máchtiger, steiler Eisrucken, der sog. Kverkfjöllshryggur an das Kverkfjöllmassiv an. Der Eisrúcken ist am Anlehnungspunkte an das Gebirge niedriger als dieses, nimmt aber von dort aus an Höhe zu. Nach Norden hin gehen die Kverkfjöll mit einem scharf ausgeprágten Höhenabsatz in eine lange niedrige Gebirgskette, in der typische Vulkanberge mit Gipfeln und Kra- tern wahrzunehmen sind, úber. Die eigentliche Kverkfjöllkette scheint hier von Osten aus betrachtet plateauartig abzuschlieBen. Sie ist oben vergletschert. An den steilen, dunklen Wánden hángen Schreitgletscher, Gesimse und Hángeglet- scher herunter, ohne jedoch den GebirgsfuB und das Vatnajökulleis zu erreichen. Wir záhlten 5—6 solcher Gletscher. Rauchbildungen von etwaigen Thermen oder vulkanischen Aushauchungen, wie sie im Westen des Gebirges vorkommen, lieBen sich auf der ganzen Ostseite nicht wahrnehmen. Von einem Pflanzenwuchs konnte auf diese Entfernung nichts bemerkt werden. Wir hatten gehofft, am Sonnabend das Gebirge erreichen und am Sonntag be- steigen zu können. Und heute war Mittwoch, der 13. Tag unserer Reise, und der 11. vom Depot Nunatak. Fúr 15 Tage war unser Proviant berechnet gewesen. Wir úberprúften ihn jetzt genau und errechneten, daB er höchstens noch fúr 5—6 Tage reichen wtirde. Damit konnten wir uns keinem zweiten viertágigen Schneesturm aussetzen. Die Wetterlage war sehr unbestimmt. Noch immer ballten sich Wol- kenmassen im Innern zusammen. Dies Schlechtwetter-Sammelgebiet schien un- erschöpflich. In 3 Richtungen zogen jetzt die Wolken, die höheren aus W, die mittleren aus 0, der Bodenwind wieder aus NW. Die fúr den Rúckmarsch not- wendige Zeit war unhestimmt, fúr die Erreichung und Ersteigung der Kverkfjöll mindestens ein ganzer Tag erforderlich. Das war die Sachlage. Die geringen Lebensmittelvorráte waren ausschlaggebend. Angesichts des Zieles in wenigen Kilometer Entfernung rangen wir uns zum schwersten EntschluB durch: Um- kehr. An und fúr sich wáre es ein Leichtes gewesen, unter Zurúcklassung des Lagers in unbeschwertem Skilauf den GebirgsfuB zu erreichen. Doch weg mit diesem unseligen Gedanken! Das Lager auf der einförmigen, ebenen Eiswúste bei dieser Wetterlage und Nebelgefahr zurúcklassen,wáre unverantworthcher Leicht- 84
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