Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Blaðsíða 21
sinn. Wir wandten dem Kverkf jöll den Riicken. Zuerst hieB es jetzt, fiir das leib-
liche Wohl zu sorgen. Seit Freitagabend hatte es nichts Warmes mehr gegeben.
Um das notwendige Wasser zum Kochen zu erhalten, gruben wir ein tiefes Loch
in einem der zugewehten Báche. Dann wurde mittels KompaB nach der Sonne
die ungefahre Ortszeit bestimmt und die Uhr auf 8 Uhr 30 gestellt. Nachdem eine
letzte Aufnahme vom Lager und den Kverkfjöll gemacht worden, traten wir um
9 Uhr den Riickmarsch in S450 Richtung an. Es ging jetzt wieder hinauf. Aber
wir kamen gut voran. Der Schlitten war wesentlich leichter geworden und dazu
alle Báche, die uns vor Tagen so aufgehalten hatten, verschwunden. Die Ober-
fláche war fleckig: alter Firn und Neuschneefláchen. Der Neuschnee war zuerst
trocken, wurde dann aber mit zunehmender Temperatur (+ 3 Grad) schnell
feucht und backte unter den Skiern. Das Wachs ging schnell ab. Der Wind án-
derte sich dauernd. Um 11 Uhr machten wir halt. Mittagspause: Essenkochen
und eine kurze Rast im Zelt. Dann gings an eine sorgfáltige Bearbeitung der
Schlittenkufen und unserer Bretter. Sie wurden erst mit Petroleum eingerieben,
das wir von der Sonne trocknen lieBen. Dann wurde Wachs fiir Feuchtschnee
dick aufgerieben und mit dem Primus eingebrannt. Um 15 Uhr 47 marschierten
wir weiter und kamen gut voran. Unser Weg fiihrte langsam bergauf. Das Ge-
lánde fiel nach links allmáhlich ab zum breiten Fácher des Brúarjökull. Nach
rechts stieg es noch ganz sachte. Es wurde kálter. Der Himmel war zu 8 Zehntel
bedeckt. Wir konnten ein Stiick segeln. Dann nahm der Wind ab und schlug
plötzlich in Gegenwind um. Schneefegen setzte wieder ein. Es rauchte weithin
iiber die weiBe Fláche! Ein Kaltlufteinbruch verursachte am Spátnachmittag in
der Bodenluftschicht eine ganz feine Schneebildung. Ein eisiger Ostwind blies
uns entgegen. Der Schnee wurde ausgezeichnet, knirschte. Das Schleuderthermo-
meter zeigte 3 Grad Kálte. Yon Siiden her krochen weiBe Nebelwolken an den
AuffahrtsstraBen der Talgletscher herauf. Um 20 Uhr beschlossen wir zu lagern
und setzten den Weitermarsch auf 2 Uhr an. 6 gute Marschstunden hatten wir
heute hinter uns. Der zurúckgelegte Weg wurde auf etwa 24 km eingeschátzt.
Dies Lager nannten wir „Rúckweg". Um Mitternacht muBte ich aus dem Zelt
heraus, barfuB in den hartgefrorenen Firn. Eine unvergleichliche Polarlandschaft
tat sich vor meinen Augen auf. Die weite, weiBe Fláche und die Inselbergland-
schaft des Innern umspannte ein wolkenreicher Nordhimmel mit unbeschreib-
barem, herb-schönem Farbspiel aus Blau, Gelb und Rot. Dies Augenblicksbild
prágte sich fest ein und lieB alle Unbilden des tagelangen Liegens vergessen. Ein
Blick auf das Thermometer, es zeigte 4 Grad Kálte, und schnell wieder hinein
in die wármenden Schaffelle.
Um 2 Uhr herrschte dichter Nebel und Nebelschnee. Wir standen daraufhin
erst gegen 3 Uhr auf und marschierten eine Stunde spáter ab. Dichter Schnee-
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