Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Qupperneq 24

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Qupperneq 24
Preis. Uberden Abstieg, dernunfolgte,kannicbnurinknappen Wortenberichten: er gelang! Vieles mag der Leser den Uhrzeiten entnehmen. Kurz vor dem Zeltabbau hatte ich das letzte Mal auf die Uhr sehen können. Es war 17 Uhr 50. Zwischen 18 und 19 Uhr gingen wir weg. Gegen 3 Uhr des 2. Juli hatten wir die Moranen im Hoffellsdal, unserem alten Pferdeplatz, gliicklich erreicht und teilten das letzte Wurstende und das letzte Stúck nasses Hartbrot. Der schwierige Abstieg an der TalschluBwand lag hinter uns. Instinktiv suchend hatten wir am oberen Rande einige FuBeindrucke von islándischen Eellschuhen (Spuren vom Aufstiege), bei denen man nicht weiB, wo hinten und vorne ist, entdeckt und ihnen folgend hatten wir die Abstiegstelle gefunden. Auf den Hosen rutschend, Stufe fiir Stufe mit der Axt schlagend, waren wir hinuntergelangt. Jetzt muBten noch die máchtig ge- schwollenen, eiskalten Gletscherwasser durchwatet werden, dann lag nur noch das 12—15 km lange, ebene Tal bis zum Hof Hof fell vor uns. Wo sich der FluB in 4 Arme teilte, versuchten wir die Úberquerung. Zum Glúck reichte das Wasser dort nur bis an die Knie. Aber die Strömung war wildreiBend. Jetzt, da alles hinter uns lag, úberfiel uns plötzlich die groBe, bleierne Múdigkeit und Zerschlagenheit. Schritt fúr Schritt gingen, wankten wir weiter, nur dem einen Ziel „HoffelT' entgegen. Automatisch záhlte es in mir 80, 81, 82 —. Ich entdeckte, daB mein rechter Ab- satz verlorengegangen war. Acht lange Nágel bohrten sich durch die Strúmpfe. Keils Doppelsohlen hatte ich schon hoch oben im Gebirge wegschneiden mtissen. Nach dem halben Weg legten wir eine Pause ein. Wáhrend mein Begleiter im kniehohen Birkengestrúpp schlafen konnte, arbeitete ich wáhrenddessen mit Messer und Steinen die Nágel aus dem Schuh heraus. Nach einer halben Stunde ging es weiter. Hier imten im Tale regnete es nicht mehr und stúrmte noch nicht. Nur wolkenverhangen der Himmel. Eine ungewohnte Stille schien es uns. Und das Grún der Wiesen wirkte so eigentúmlich. Wir sahen wieder Grún! Múhsam schleppten wir uns voran. Das wenige Gepáck: die dicke Joppe, Kleppermantel, Ölhose, Eisaxt und Brotbeutel mit Leica, Routenbuch und KompaB wurde zur gröBten Last, die ich am liebsten zurúckgelassen hátte. Keil trug seinen Ruck- sack mit Kleidungsstúcken und die Bergstange. V on Zeit zu Zeit muBten wir kleine Pausen machen. Ich legte mich dann lang auf den Rúcken und schlief 5 Minuten. Um 8 Uhr 21 Min. erreichten wir den Hof Hoffell. Alles war lautlos still. Das Túngras war fast kniehoch. Ich sah, daB das Dach des Wohnhauses rot war. Die Leute saBen beim Kaffeetrinken. Sprach- und regungslos starrten sie uns an durch die kleinen Scheiben des Kúchenfensters. Erst als sie begriffen, daB wir wirklich wieder da waren, wurden sie lebendig und nahmen uns liebevoll auf. Starr und fast ungláubig klang die erste Frage: Bei dem Wetter seid ihr den Gletscher und Berg hinuntergekommen ? — Von Tag zu Tag hatten sie besorgt zum Svínafellsjökull nach dem Wetter auf dem Hochgletscher hinaufgesehen. 88

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