Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Side 35
muB einer am Zelteingang Ausscliau lialten. Schnee, Regen, Nordoststurm! Wir
wissen jetzt, wie lange das dauern kann. Die Stimmung ist ernst.
Dienstagmorgen, der 4. Tag. Helgi liockt lialb angezogen am Eingangsloch und
spáht ins Grau. Fest steht, heute miissen wir hier weg, wir können nicht blei-
ben und hier warten. Da ein Freudenschrei, Helgi hat imWesten fiir einen Augen-
blick schwache Umrisse eines Bergkammes erkannt. Noch ein-, zweimal dringt
er durch, es muB der Höhenzug im Westen des Svínafellsjökull sein. Um 10 Uhr 30
marschieren wir ab, an der Spalte entlang. Den gleichen Weg zuriick, fast eine
Stimde lang. Dann wenden wir uns nach Siiden. Es schneit nicht mehr. Nur
Sturm und Nebel. Um 11 Uhr 30 bricht die fahle Sonne durch. Wir halten Kurs
genau in Sonnenrichtung. Das Gelánde fállt. Je tiefer wir kommen, desto mehr
klárt das Wetter sich auf. Wir steuern geradewegs auf den Talgletscher herun-
ter, durch die Spalte hindurch im Zickzack. Um uns Sonne, hinter uns Nebel.
Um 14 Uhr erreichten wir Múlasker, eine in den Svínafellsjökull eingreifende
Bergzunge, die zum Hoffell-Land gehört. Bis hierhin miissen die Hoffell-Leute
alljáhrlich ihre Schafe suchen. Wir waren dem Eis entronnen! Unsere Habe wurde
auf die Moránen geschleppt, das Zelt aufgeschlagen und zum letzten Male gekocht.
Vor Freude und Hunger aBen wir alles auf, was wir noch hatten. Es blieb nur noch
eine Handvoll Reis imd Petroleum iibrig. Dann verstauten wir unsere Sachen
im Schutze eines máchtigen Findlings und nahmen nur Zelt, Kleidungsstucke,
Instrumente und Routenbuch mit. Um 21 Uhr, nach fúnfstúndigem Abstiege und
Marsche vom Múlasker, gelangten wir auf Hof Hoffell an. Die Leute waren noch
am Heuen. Es war ein schöner Abend. Am Tún wandte ich zum letzten Male
meinen Blick zum Gletscher. Die dunkle Wolkenwand rtickte nach Súden. —
(Geschrieben im Oktober 1932)
Die Wahlen zmn islándischen Alding am 24. Juni 1934
von Sverrir Thorbjörnsson
Die Wahlen am 24. Juni d. J. in Island brachten in nachstehender Tabelle fol-
gende Ergebnisse:
Wegen des erweiterten Wahlrechts und gröBerer Wahlbeteiligung sind bei die-
sen Wahlen I6V2 tausend Stimmen mehr abgegeben worden als bei den Wahlen
im vorigen Sommer. Die alten Parteien haben alle ihre Stimmenzahl vermehrt,
die Sozialdemokraten sind aber die einzigen, die auch relativ zugenommen
haben. Der verháltnismáBige Ruckgang bei der Fortschrittspartei und der Selb-
stándigkeitspartei dtirfte hauptsáchlich auf die Grúndung der Bauernpartei zu-
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