Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Síða 47
Etwas veraltet, aber nur in einzelnen Abschnitten, ist durch die vorausgegangenen Verán-
derungen das Bándchen aus Natur und Geisteswelt, „Island, das Land und das Volk“,
das einen guten Ubcrblick iiber alle Island betreffenden Eragen in knapper Form gab (Leip-
zig 1914).
Die Bescháftigung mit dem modemen Island fiihrte ihn zu der (jbersetzung des Márchen-
dramas „Die Neu j ahrsnacht“ von Indridi Einarsson (Programm von Torgau 1910). Dafi
auch hier die Neigung zu volkskundlichen Stoffen den Anlafi zur Arbeit gegeben hat, ist
selbstverstándlich; die Einleitung dazu versetzt in die romantische Stimmung des Dramas.
Die grundliche Einarbeitung in alle Voraussetzungen des Stoffes beweisen die gehaltvollen
Erláuterungen hinter dem Texte. Dafi die Úbersetzung sich glatt liest und doch dem Texte
möglichst nahe bleibt, sei nebenbei erwáhnt.
1922 kam der lang erwartete Saxokommentar. Darúber möchte ich nur anfiihren, was
Prof. E. Mogk in Leipzig im „Lit. Centralblatt“ (1923, 385) schreibt: „H. darf mit Befriedi-
gung, ja mit berechtigtem Stolz auf diese seine Lebensarbeit zurúckschauen. Niemand, der
sich mit Saxo oder mit der nordischen Heldensage bescháftigt, darf an ihr vorúbergehen,
und jedem, der Auskunft úber eine Prage auf diesem Gebiet haben will, wird sie Auskunft
geben. Denn mit seltenem Pleifi ist fast alles, was tiber die einzelnen Sagengestalten handelt
und úber sie geschrieben ist, zusammengetragen und verarbeitet. Manchmal dúnkt einem des
Guten zuviel getan. H. ist in die Schule von A. Olrik und A. Heusler gegangen... So wird
Herrmanns Werk nicht nur belehren, sondern auch zu neuer Porschung anregen, zu der hier
und da in dem Buche selbst Pingerzeige gegeben sind.“-
Bei dieser eifrigen Tátigkeit fúr die Sage- und Sagenliteraturdes Nordens ist es begreiflich,
dafi er sich auch an der Sammlung Thule des Verlages E. Diederichs beteihgte. Hier stammen
von ihm der ftinfte Band: „Die Geschichte vom starken Grettir" und der 21.: „Is-
lándische Heldenromane". Die Wahl dieser Stoffe ist fúr seine Neigungen bezeichnend.
Diese Themen boten ihm Gelegenheit, in gehaltvollen Einleitungen, die den Úbersetzungen
der Texte vorausgehen, Volkssage und Heldensage eingehend zu behandeln. Der Úbersetzung
der Grettissaga hat er auch fúr das Königsbuch Snorris eine gegeben, (wie er auch fúr das
Königsbuch Snorris eine Kartenskizze Norwegens gezeichnet hat). Die Einfúhrung zur Wöl-
sungensaga gibt auch Gelegenheit, das Thema: „Wagner und die nordische Heldensage" zu
erörtem. Bei der Grettissaga (und auch im 21. Band in der Saga Ragner Lodbroks) zeigt er
sicheres Können in der Úbersetzung von Skaldenstrophen. Diese Kunst des stilgerechten
Úbersetzens wandte er auch Ibsens Dramen zu, die auf der norwegischen Volksúberlieferung
und Königsgeschichte beruhen. Auchden altsáchsischen Heljand hat er (fur Reclam) úber-
setzt.
Die innere Bereicherung und Befriedigung, die H. bei seiner wissenschaftlichen Arbeit auf
dem Gebiete der Mythologie, Sagenkunde, Volkskunde empfand, trieb ihn an, diese Kennt-
nisse auch in möglichst weite Kreise zu bringen. So hat er eine ganze Reihe von kleinen
Schriften erscheinen lassen in Sammlungen, die grundsátzlich der Verbreitung wissenschaft-
licher Stoffe in einem gröfieren Publikum dienen. So in der Deutschkundhchen Búcherei
(Quelle & Meyer): Deutscher und nordischer Glaube (1925); Zeugnisse zur deut-
schenund nordischenGötterdichtung(1927);dannin E. Diederichs Sammlung „Deut-
sche Volkheit“: Nordische Heldensagen (1925); Dánische Heldensagen (1925); Alt-
deutsche Kultgebráuche (1928); Das altgermanische Priesterwesen (1929).
Eine besondere Art der Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse aber ist die durch die
Schule. Das mufite ihm als Lehrer ja auch naheliegen. Das reiche Wissen und die lebendige
Art der Darbietung, wie sie seinen eigenen Unterricht auszeichnete, suehte er auch anderen
zugánglich zu machen, damit sie ebenfalls der Jugend in gleicher Weise dienen könnten:
Diesem Zweck dienen die beiden Hefte: Glaube und Brauch der alten Deutschen im
Unterricht auf der Oberstufe höherer Schulen und Einfúhrung indie Mytholo-
gie auf höheren Lehranstalten (bcide 1919).
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