Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Blaðsíða 53
Ebenso können sicb die Leser der auslán-
disohen Zeitungen nioht vorstellen, was mir
selbst zur unbezweifelbaren Tatsache gewor-
den ist: daö die deutsohe Regierung einen
Krieg auf jede Art und Weise vermeiden will.
Das ist auch der Wille des Yolkes.
Der Aufstandsversuch, der in diesen Tagen
ganz Deutsohland in Erregung versetzt hat,
ist herzuleiten aus der Tatsache, daC zuviel
Leute in die SA. hineingekommen waren, die
nicht in sie hineingehörten. Die deutsche Re-
gierung war gezwungen, die sohárfsten MaB-
nahmen zu ergreifen, von denen ja alle Zei-
tungen voll sind.
Nach meiner Kenntnis der deutschen Dinge
glaube ich nicht, daB die Ereignisse, die sich
im Augehblick in Deutschland abspielen, da-
zu angetan sind, die nationalsozialistischeRe-
gierung zu stiirzen. Auf der anderen Seite be-
statigen diese Ereignisse, was der Propagan-
daminister Goebbels einmal sagte: daB der
deutsche Nationalsozialismus kein Ausfuhr-
artikel, sondern eine durch und durch deut-
sche Angelegenheit sei.
Ein „Verein der Islánder in Deutsch-
land“ ist im Juli von einigen in Hamburg an-
sassigen Islándern gegrundet worden. Der
Verein bezweckt den ZusammenschluB der
dauemd oder vorubergehend in Deutschland
weilenden Islánder, um auf diese Weise islán-
dische Interessen in Deutschland besser ver-
treten zu können, und die stets wachsenden
Beziehungen zwischen Islándem und Deut-
schen zu fördern. Erreicht werden soll dieses
Ziel durch Beratung und Unterstiitzung von
Islándem, die nach Deutschland kommen;
durch regelmáBige Zusammenkunfte der Mit-
glieder; durch Herausgabe eines Vereinsblat-
tes und durch Zusammenarbeit mit den nach
dem Norden arbeitenden deutschen Verbán-
den. Besonders will sich der Verein auch die
Uberwachung der Veröffentlichungen iiber
Island in Vortrágen, Zeitsqhriften und Zei-
tungen angelegen sein lassen, da gerade auf
diesem Gebiet durch falsche oder sensations-
liisteme Darstellungen die Islánder am emp-
findlichsten getroffen werden.
Der anláfilich der Griindung erlassene Auf-
ruf an die islándischen Landsleute ist getra-
gen von einer klaren Einsicht in die Notwen-
digkeiten und Möglichkeiten wirtschaftlicher
und kultureller Zusammenarbeit zwischen Is-
land und Deutschland und von einem offenen
Gefiihl fiir die Verwandtschaft mit dem deut-
schen Volk.
Sitz des Vereins ist Hamburg, er wird ge-
leitet von dem jungen, unternehmenden is-
lándischen Kaufmann Björn Kristjánsson,
Hamburg 39, Hauersweg 10. Stellvertreten-
der Vorsitzender ist cand. rer. nat. Ehmur
Gudmundsson. Treffpunkt in Hamburg ist
das Restaurant „Zum Patzenhofer11, Glocken-
gieBerwall 12, wo auch islándische Zeitungen
aushángen.
Die Bekanntmachung der Griindung des
Vereins an die Vereinigung der Islandfreunde
schloB mit den Worten: „Wir wiirden uns be-
sonders freuen, zusammen mit Ihrer altehr-
wiirdigen Vereinigung die freundschaftlichen
Beziehungen zwischen Island und Deutsch-
land pflegen und fördern zu können.“
Wir freuen uns ebenfalls, daB mit diesem
ZusammenschluB der Islánder in Deutsch-
land, der sehon mehrmals in den letzten Jah-
ren geplant worden war, jetzt ein fester Mit-
telpunkt fiir unsere Zusammenarbeit mit den
in Deutschland weilenden Islándem geschaf-
fen worden ist. Wir wiinschen dem Verein der
Islánder in Deutschland festen Zusammen-
halt und gutes Gedeihen ■—■ zum Wohle Is-
lands und zur Eörderung unserer gemeinsa-
men Interessen.
Eine biologisch-bakteriologische Sta-
tion ist in Reykjavik auf dem Grundstiick
des Landeskrankenhauses errichtet und im
Juli in Betrieb genommen worden. Mit dem
Bau eines ansehnlichen Hauses f iir 120 000 Kr.
ist hier eine langentbehrte Arbeitsstátte ge-
schaffen worden, die vor allem der fiir die is-
lándische Schafzucht auBerordentlich wich-
tigen Erforschung der Ursachen und Gegen-
mittel bestimmter tierischer Krankheiten die-
nen soll. Dariiber hinaus bietet Island eine
Fiille praktisch sehr dringlicher und wissen-
schaftlich auBerordentlich reizvoller Aufga-
ben auf dem Gebiete der Bakteriologie und
Biologie. Leiter dcr Station ist Professor Niels
Dungal. Als Grundstock fiir die Ausriistung
des Hauses fand die Laboratoriumseinrich-
tung Verwendung, die die deutsche Regierung
8*
115