Mitteilungen der Islandfreunde - 01.09.1934, Side 56
Dennoch sind kaum nennenswerte Verletzun-
gen vorgekommen. So wird von einigen grofien
Gliicksfallen berichtet, derenislándischeDar-
stellung hier und da eines kennzeichnenden,
leisen Humors nicht entbehrt: Zwei Mánner
wurden in einer Schmiede eingesperrt. Ehe
sie die Tiire aufbrechen konnten, sturzte die
eineHauswand um, so daB die Mánner dort
liinausgelangten, wo friiher die Mauer ge-
wesen. EinerFrau, diegerade vordem Beben
ein Kind geboren hatte, fiel Wandverputz ins
Bett, sie konnte aber aus dem stark beschá-
digten Hause noch unverletzt geborgen wer-
den. Der Arzt in Grenivík lag auf dem Ruhe-
sofa, das Beben warf ihm die Ofenkuppel auf
den Leib. In seiner Apotheke ging alles in
Scherben.
Ob die Ursache dieser Erdbeben rein tekto-
nischer Art gewesen oder vielleicht irgend-
welche inneren Beziehungen zum Vulkanaus-
bruch des Vatnajökull bestehen, láJBt sich
schwer sagen. Der Eyjaf jord gehört nicht mit
zu den jungvulkanischen GebietendesLandes.
Starke Beben sind daher dort verháltnis-
máBig selten.— Helmut Verleger
Zwei neue englische Expeditionen
nach Grímsey und Hagavatn. Die Uni-
versitát Cambridge hatihre lebhafte, in Island
1932 und 33 begonnene Expeditionstatigkeit
noch gesteigert und in diesem Sommer zwei
sechswöchige Islandexpeditionen entsandt.
Die erste, aus vier Teilnehmem unter Fiih-
rung von D. B. Keith bestehende, hat Mitte
Juni HuII verlassen, um sich nach der 35 sm
der islándischen Nordkiiste vorgelagerten
kleinen Insel Grímsey (130 Einwohner) zu be-
geben. Die Aufgabe liegt neben den botani-
schen und zoologischen Untersuchungen und
kulturgeographischen Studien im Ausbau der
1933 wáhrend eines funftagigen Aufenthaltes
von der ostgrönlándischen Cambridge-Expe-
dition vorgenommenen rohen Vermessung
zum MeBtischblatt.
Die 2. von J. W. Wright geleitete Expedi-
tion hat sich Ende Juli zum Hagavatn an der
Sudgrenze des Langjökull begeben, um dort
glaziologischen Problemen nachzugehen und
die Ursache der Uberschwemmungen zu er-
kunden. Gleichzeitig sollen kartographische
Aufnahmen vorgenommen werden.
Zweite diesjáhrige dánische Expedi-
tion. Der dánische Botaniker J. Gröntved
und der Entomologe S. L. Tuxen, Assistent
am ZoologischenMuseum inKopenhagen, he-
reisten, begleitet von einem dánischen Stu-
denten und drei Islándern, im August Inner-
island zur Durchfuhrung botanischer und in-
sektologischer Arbeiten. Ihr Reiseweg verhef
vom Ausgangspunkt Gýgjarhól zum Hvítár-
vatn, das Fróðratal aufwárts, von dort nach
Hveravelhr, dann nordwárts tiber Blágnýpa
zum Arnafell, Kerlingagebirge und herunter
zum Hrútáfell. Wáhrend ihres vierwöchigen
Aufenthaltes in diesem Gebiet herrschte, ab-
gesehen von 4—5 Regentagen, gutes Wetter,
so daB úber die wissenschafthche Ausbeute
Zufriedenheit geáuBert wird. Die Auswertung
des hotanischen Materials soll in der Ausgabe
des letzten Bandes des vom Carlshergfond
herausgegebenen groBen Werkes „Botany of
Island“ erfolgen. Wáhrend Gröntved frúher
nicht in Island gewesen war, hatte Tuxen
dort bereits in den beiden vorangegangenen
Sommem ausgedehnte Reisen durchgeftihrt.
H. V.
Dr. Ernst Hermanns Vatnajökullreise.
Ende Juh brach der deutsche Islandforscher
Dr. E. Hermann mit zwei Österreichern und
zwei Schweden von Kálfafell, dem durch die
letzten Vatnajökullexpeditionen bekannten
Ausgangsort westhchdes Skeiðarárgletschers,
auf, um auf gleichem Wege den Vatna-Vul-
kan zu erreichen. Das Aufstiegsquartier wurde
ebenfalls im Djúpárbotn aufgeschlagen. Man
mufite aher feststellen, dafi der Eisrand sich
dort seit dem Fruhjahr wesentlich verándert
hatte und der Gletscher selbst gewaltiger
Sprúnge wegen dort kaum begehbar war. So
war man, da der Schlitten nicht mit auf das
Eis genommen werden konnte, gezwungen,
das Gepáck auf dem Rúcken zu tragen. Die
Expedition drang so unter groBen Mtihen,
Zeitverlust und hinderndem Nebel nur bis
Hágöngur vor, ohne das Ziel zu erreichen. Be-
achtenswert ist die Feststehung, daB der E i s -
r a n d sich wáhrend dereinenWoche,diedie
Expedition auf dem Eise war, um 25 m vor-
geschoben hatte.
Nach Scheitem dieses ersten Vorsuches
startete Dr. Iíermann Ende August zum zwei-
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