Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Blaðsíða 12
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LE NORD
Goethezeit, Eckermann und Kanzler Miiller, bekannt gemacht,
fuhr er in Begleitung des letzteren nach der Ettersburg, dem Som-
merschlosse des Erbgrossherzogs, hinaus, wo er vom Oberhof-
meister von Beaulieu Marconnay, dessen Bekanntschaft er friiher
in Oldenburg gemacht hatte, den dort weilenden fiirstlichen Herr-
schaften vorgestellt wurde. Carl Alexander beging daselbst eben
seinen 2 6. Geburtstag am St. Johannistage, und die loyale land-
liche Bevölkerung feierte dieses Doppelfest mit Gesang, Tanz
und Spiel. Der Dichter gewann schnell die Herzen des jungen
Fiirstenpaares, das von seinen Márchen begeistert war. Andersen
ging an der Seite Carl Alexanders in der lauen Mittsommernacht
unter den Linden des Schlossparks, iiberstrahlt vom bunten Schein
der Lampen. In seiner Antwort auf das Dankschreiben des in
seine Heimat zuriickgekehrten Dichters bat Carl Alexander An-
dersen, Weimar als sein zukiinftiges Herzruhaus zu betrachten.
Zu Anfang des Jahres 1846 folgte Andersen der erneuten Ein-
ladung des Fiirsten und verblieb einen ganzen Monat in 'Weimar.
Das tágliche Zusammensein vertiefte sich zu einer geistigen Ver-
bindung in herzlichster Form. Alle Abende setzte Carl Alexan-
der sich zu Andersen in dessen Zimmer, und beide blieben im ver-
traulichen Gesprách bis spát in die Nacht zusammen. Andersen
wurde an die Hoftafel gezogen und sass an der linken Seite des
Erbgrossherzogs. Er trug Hoftracht mit Dreimaster und Degen
und wurde von den Lakaien »gnádiger Herr« angeredet, was
dem Dichter sehr schmeichelte. Auch die Grossherzogin Maria
Paulowna erwies Andersen viel Giite. Sie konnte mit ihm von
ihrem Aufenthalt in Dánemark sprechen, da sie in den Jahren
1806—07 nach der Schlacht bei Jena mit ihrem Gemahl zuerst
in Kopenhagen, spáter in der Stadt Schleswig beim Landgrafen
Carl von Hessen, eine Zuflucht gefunden hatte. Die Erbgross-
herzogin erschien nicht, da sie ihre unmittelbar bevorstehende
Niederkunft erwartete, liess aber Andersen gríissen und sagen,
dass »der standhafte Zinnsoldat« im Márchen des Dichters ihr
vorbildlich sein sollte. Andersen spielte mit ihrem erstgeborenen
Sohn, dem die Mutter nach einer anderen Márchenfigur des Dich-
ters den Kosenamen »Klumpe Dumpe« beigelegt hatte. Carl
Alexander schenkte Andersen ein jetzt in der königlichen Biblio-
thek in Kopenhagen befindliches Album mit kolorierten Stichen,
die klassischen Státten Weimars darstellend.
»Hand in Hand,« schreibt Andersen, »sassen wir oft im Sofa,