Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Blaðsíða 13
H. C. ANDERSEN UND WEIMAR
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und wenn seine edle Gesinnung mich bewegte, driickte er mich
an seine Brust. Einmal sollte ich kommen, meinte er, und fiir im-
mer in Weimar bleiben.« Andersen erlebte diesmal auch das ihn
begliickende Wiedersehen mit der gefeierten Sangerin Jenny Lind,
die hier auf dem Hoftheater grosse Erfolge als »Norma« erlebte.
Vorhin hatten beide sich bei Thorvaldsens Grabe in Kopenhagen
begegnet, dies Mal an den Sárgen Goethes und Schillers. Carl
Alexander nahm bewegt von Andersen Abschied mit den Wor-
ten: »Wir bleiben Freunde fiirs ganze Leben.«
Auf der Heimreise von Italien machte Andersen im August-
September desselben Jahres wieder Aufenthalt in Weimar. Auf
langen Spaziergángen in den Parkanlagen von Belvedere und Tie-
furt, oft auch in den Morgenstunden, war er mit Carl Alexander
allein, dessen háusliche Freuden im engsten Kreise er auch teilte.
Aus den Jahren 1846—47 liegt eine erhebliche Anzahl Briefe
von Carl Alexander an seinen dánischen Freund vor, die ein
höchst anziehendes Bild des an geistigen Interessen so reichen
jungen Fiirsten geben. Naturlich, echt und warm wie er sich
áussert, meidet er alle Höflichkeitsphrasen. Seine Beurteilung An-
dersens als Dichter und Persönlichkeit verrát ein feines Verstánd-
nis und einen poetischen Blick. Auf seinen Jagdausflugen und
Spaziergángen von Weimar und Eisenach sucht er, seine Aufmerk-
samkeit den Naturerscheinungen zugewandt, Motive fíir Már-
chen, die er auf eine anspruchslose und liebenswiirdige Art seinem
Freunde zur Verwertung iibersendet. Ein Manuskript der Art
von Carl Alexanders Hand ist noch aufbewahrt. Man versteht
auch die Gefiihle Andersens, wenn er ihm schreibt: »Ich kann
Sie nicht mehr entbehren. Durch Sie liebe und verstehe ich das
Edle im Fiirsten, der in unserer Zeit gar zu streng beurteilt wird.
Sie verstehen mich, ich liebe wenige Menschen wie Sie und ich
kann nicht anders.«
Auf seiner Reise im Sommer 1847, die Andersen durch Hol-
land, England und Schottland fiihrte, traf er im Salon des Lord
Palmerston mit den weimarschen Fiirstlichkeiten zusammen und
besuchte sie wieder im Herbst auf der Ettersburg. Von hier aus
hat er die Vorrede zu der deutschen Obersetzung der »Gliicks-
blume« datiert, und die gegen Ende des Jahres 1847 erschienene
Obertragung seiner epischen Dichtung »Ahasverus« (im 29. u.
30. Band seiner Gesammelten Werke) ist dem Erbgrossherzog
gewidmet.