Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Qupperneq 16

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LE NORD
Der Regierungsantritt Carl Alexanders nach dem Tode seines
Vaters ánderte nicht das Verháltnis zu seinem dánischen Freunde.
Im Sommer 1854 war Andersen wieder zum Besuch in Weimar,
dies Mal als Gast des Fiirsten auf dem Schlosse ’Wilhelmstal bei
Eisenach und auf der Wartburg, wie immer von ihm herzlich be-
gegnet, doch triibte die neue Hofetiquette ihm die Freude des
Wiedersehens. Im folgenden Jahre yerbrachte Andersen einige
Herbsttage in Weimar. 1856 war er abermals zur Geburtstagsfeier
des Grossherzogs eingeladen. Wie zuvor fiihlte er sich »unge-
zwungen und heimisch« in seiner Náhe, doch ermiideten ihn die
vielen Hoffeste. Zur besonderen Freude gereichte es ihm, dass
Carl Alexander im grossen Saal auf der Ettersburg seine Portrát-
biiste zwischen Wielands und der des verstorbenen Grossherzogs
aufgestellt hatte. Er wohnte der Auffiihrung des »Faust« bei und
traf mit Gutzkow zusammen, dessen Wesen ihm missfiel. In sei-
nem Tagebuche berichtet er ausfiihrlich iiber das Verháltnis zwi-
schen Liszt und der Fiirstin Wittgenstein, welches in Weimar
viel Argernis verursachte.
1857 folgte er der Einladung Carl Alexanders, der Enthiil-
lung des Goethe-Schiller Denkmals und der Grundsteinlegung der
Reiterstatue des Grossherzogs Carl August sowie der Einweihung
des Sángersaales auf der Wartburg beizuwohnen. Wie immer
driickte der Grossherzog ihn beim Scheiden an sein Herz und
kiisste ihm die Wangen, es war jedoch ein Abschied fiir immer.
Aus den Jahren 1860—61 sind nur noch vereinzelte kleine
Billetts vorhanden, und dann unterblieb der schriftliche Verkehr
nicht zum mindesten infolge des Krieges, bis der Grossherzog im
April 1874 auf die Kunde von Andersens Erkrankung ein Tele-
gramm an den Dichter richtete, in dem es heisst: »Meine innige,
ununterbrochene Teilnahme in Ihrem Interesse lásst mich Sie um
Nachricht bitten.« Andersen antwortete erst telegraphisch und
darauf mit einem Brief, welcher schliesst: »Ich bin noch so freund-
lich in Ihrer Erinnerung wie in friiheren, unvergesslichen Tagen.
Viele wechselnde und schwere Zeiten liegen zwischen jener Zeit
und jetzt, aber treu und dankbar bewahrte ich stets in meinem
Herzen das Andenken an alle Gnade und Herzensgiite, die Sie
mir vergönnt haben. Wáhrend der vielen grossen, nun bald histo-
rischen Begebenheiten schrieb ich nicht. Jahr auf Jahr verging,
ich wusste bald kaum mehr, ob ich einen Briefwechsel wieder
ankniipfen durfte, der mich einst so glucklich machte. Nun fiihle
ich, dass ich es darf und kann.«