Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Page 73
»DER EUROPAISCHE BUND«
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Schrift »Europa und America«, die in mehreren, rasch auf ein-
ander folgenden Auflagen erschien und in verschiedene fremde
Sprachen iibersetzt wurde. Die Darstellung zeugt von dem Scharf-
blick des Yerfassers, der bereits fiinfzehn Jahre vor Alexis de
Tocqueville deutlich die machtige Zukunft der nordamerikani-
schen Freistaaten voraussieht. Als Diener des Absolutismus musste
Schmidt-Phiseldek natiirlich einleitend hervorheben, dass Dáne-
mark ein Beispiel dafiir gegeben habe, dass »neben einer unbe-
schránkten Regierungsmacht die liberalsten Grundsátze der Ad-
ministration gar wohl bestehen können«. Aber seine Sympathieen
waren jenseits des Atlantischen Ozeans, wo die Zustánde und
die Verfassung nach seinem Dafiirhalten zu den gliicklichsten
auf Erden gehörten. Die Menschenrechte waren hier nicht wie
in Frankreich Streitsátze geworden, »ein Aushángeschild fiir un-
ruhige Faktionen«. Das Volk war ein ganzes, wenn auch einst-
weilen ein kleines. Es war iiber ein weites Gebiet verstreut, ohne
eine allzugrosse Hauptstadt zu haben. Es ernáhrte sich in gesunder
Weise von natiirlichem Erwerb, in erster Linie vom Boden des
Landes. Hier sei die Basis einer gesunden politischen Entwicke-
lung vorhanden; ein Kampf gegen erstarrte Gesellschaftsformen
wie in Europa sei hier nicht vonnöten. Hierzu kam, dass die Ar-
beitslosigkeit in Europa nach den Kriegen des napoleonischen
Zeitalters, z. B. in den englischen Manufakturstádten, den sáchsi-
schen Bergwerksbezirken und in den Gebieten des Rheinlandes,
einen Lohnsturz zur Folge gehabt hatte, der durch die mechani-
schen Erfindungen gefördert worden war, wáhrend die Fort-
schritte der Landwirtschaft gleichzeitig viele Hánde ihrer Arbeit
beraubt hatten. Alles spráche aus diesen Griinden dafiir, dass die
Bevölkerung Nordamerikas vor einer ausserordentlichen Vermeh-
fung stánde, teils infolge eines steigenden Kinderzuwachses, teils
mfolge einer zunehmenden Einwanderung.
Haben diese allgemeinen Betrachtungen sich als recht stich-
haltig erwiesen, so sind die konkreten Ziffern, die der Verfasser
anzugeben sich erdreistete, nicht weniger interessant. Im zweiten
Teil seiner Schrift (Zweite Skizze, Seite 261) berechnet er die
Bevölkerungszahl der Vereinigten Staaten fiir die Zeit bis 1920.
Hier soll erwáhnt werden, dass nach seiner Schátzung die Be-
völkerung der Staaten i. J. 1870 41 Millionen erreicht haben
wurde: die wirkliche Ziffer war in diesem Jahre 40 Millionen.
Fiir die folgende Zeit schátzte er die Bevölkerungszahl im Jahre
1900 auf 97 Millionen und im Jahre 1910 auf 130 Millionen.
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