Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Blaðsíða 148
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LE NORD
sen waren trotz allem stárker als die einenden. Der Zusammen-
halt des Nordens, in guten und in schlechten Tagen, trat aber bei
jeder Krise im Leben der einzelnen Staaten zutage, besonders in
den dynastischen Beziehungen. Und gerade auf dem Wege iiber
die dynastischen Beziehungen wurden die náchsten Schritte vor-
wárts getan.
Die nordische Geschichte der ersten Jahrzehnte des 14. Jahr-
hunderts ist von Streitigkeiten, Verhandlungen, Traktaten und
Vereinbarungen von einer fast verwirrenden Mannigfaltigkeit er-
fiillt. Die leitende Persönlichkeit, um welche sich das rege Leben
abspielt und in deren Hand die Hauptfáden der Aktion liegen,
ist der schwedische Herzog Erik, der seinen ganzen Scharfsinn
und seine riicksichtslose Kraft fiir das nordische Problem einsetzte
und es nach neuen, originellen Linien zu lösen versuchte. Mitten
im Zentrum der drei nordischen Reiche und auf Kosten ihrer
aller suchte er ein innernordisches Staatsgebilde aufzubauen, von
dem aus er nach verschiedenen Seiten hin eingreifen und allmáh-
lich das ganze nordische Interessengebiet unter seinen Einfluss
bringen konnte. Mit einem gewissen Recht hat man das von Her-
zog Erik in dieser Weise begriindete skandinavische »Herzogtum«
das »nordische Burgund« genannt — ein Burgund war es sowohl
seiner lokalen Lage wie seinem politischen Zweck nach.
Im furchtbaren Ringen der Briiderkámpfe fiel Herzog Erik
und mit ihm sein staatsmánnischer Gedanke. Mittelbar ging
jedoch aus seinem Werk ein scheinbar grösseres und mehr ver-
sprechendes Ergebnis hervor: die nordische Union. Im Jahre 1319
wurden Schweden und Norwegen durch die Bande einer Union
vereinigt, die unter wechselnden Verháltnissen ihre Kraft noch
ein halbes Jahrhundert bewahrte. In einer Zeit der Schwáche
und Auflösung fiir Dánemark wurde diesem Reiche das »Scho-
nenland« entrissen, welches fiir einige Jahrzehnte mit Schweden
durch eine Art Union verbunden wurde. Und schliesslich kam
nach diesen Vorbereitungen die grosse Union des Nordens zwi-
schen den drei skandinavischen Reichen (13B9—1521).
Ober das innere Wesen der skandinavischen Union ist unter
den Gelehrten viel gestritten worden. Uber gewisse Grundziige
diirfte jetzt aber wohl doch Einigkeit herrschen. Die Union war
in ihrer áusseren Form eine dynastische Schöpfung, die den Zweck
hatte, unter Bewahrung der staatlichen Eigenart der nordischen
Reiche die Kráfte des Nordens in einer gemeinsamen Aussen-
politik zu sammeln. Dieser dynastische Charakter schloss aber