Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Page 149
NORDISCHE SCHICKSALSGEMEINSCHAFT
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nicht aus, dass die Union bald von starken aristokratischen
Interessen konstitutioneller und wirtschaftlicher Art getragen
wurde. Aber eine derartige Union wie diese ruhte auch, wie wir
aus dem Vorhergehenden ersehen, auf tiefen und folgerichtigen
Strömungen in der nordischen Volksseele. Schliesslich besass die
skandinavische Union gewissermassen eine Verankerung in all-
gemeineuropáischem Geist und Stimmung. Die Union war in ge-
wissem Masse eine Schattierung des auf nordische Verháltnisse
iibertragenen Einheits- und Friedensreiches des Christentums, das
damals in den Gedanken der ganzen Welt lebte. Auf diesem
Hintergrunde bekam die Union bisweilen einen Anflug von et-
was sittlich und moralisch Gutem, das trotz aller Wechsel und
Wandlungen der Zeiten stets seinen inneren Wahrheitsgehalt
behielt.
Einem solchen Staatengebilde hátte man wohl eine leuchtende
Zukunft voraussagen können. Diese Zukunft entschwand aber
ins Blaue. Eine unkluge dynastische Leitung suchte die Union
ausschliesslich fiir ihre Zwecke auszunutzen, ohne Riicksicht auf
die Interessen der verschiedenen Völker und Lánder. Auch began-
nen neue Winde durch die Welt zu wehen, die Kunde brachten
von den Rechten und Forderungen der einzelnen Nationalreiche
und Volksstaaten. Schliesslich zerriss dann das Einheitsband, das
die europáische Welt zusammenhielt, die gemeinsame und ver-
einende Religion. Die Union stand mit schwankenden Grund-
festen einer vollstándigen Kulturumwálzung gegeniiber.
Norwegen mit seinem geschwáchten nationalen Leben konnte
von Dánemark innerhalb des Rahmens der Union festgehalten
werden. Schweden aber folgte den Signalen der neuen Entwick-
lung. Als Zeugen dessen, was in Schweden vor sich ging, brauchen
nur einige Namen genannt zu werden: Engelbrekt, Karl
Knutsson, die Sture, die Wasa. Unter Gustav Wasa können
wir freilich noch zögernde Versuche feststellen, nach den
alten skandinavisch unionistischen Linien vorzugehen. Schliess-
lich aber brach Schweden definitiv aus dem skandinavischen
Kreise aus und verlegte seinen aussenpolitischen Schwerpunkt
ausserhalb des Nordens nach den Lándern des Ostens. Aus dieser
Einstellung heraus kam Schweden in die Lage, mit national
geeinter Kraft seine besonderen Interessen mit ganz anderem
Nachdruck zu behaupten als friiher.
Solche Zeiten waren dem skandinavischen Gedanken nicht
giinstig, weder vom staatlichen noch vom völkischen Gesichts-
punkt aus. Am allerwenigsten konnte es dem nordischen Zusam-