Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Page 150
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LE NORD
menhalt dienlich sein, wenn die dánischen Könige lange Zeit das
grosse und sie dynastisch faszinierende Zukunftsziel nicht
aufgeben wollten, den ganzen Norden fiir ihre eigenen Zwecke
zu beherrschen. Zerreissende nordische Bruderkriege im 16. und
im Beginne des 17. Jahrhunderts zeugten von der Verderblichkeit
dieser Politik, und der Bruch in der skandinavischen Volks-
einheit wurde dadurch tiefer und fur die Zukunft verhángnis-
voller. Die ernste Gefahr, die bei Nachbarstreitigkeiten immer
vorhanden ist, sollte auch hier zur Wirklichkeit werden. Der ein-
gewurzelte Hass, der Nationalhass, hielt in vielfáltiger 'Weise
seinen Einzug in das Gemiit der nordischen Völker und unter-
driickte brutal alles Gefiihl fiir Gemeinschaft und Zusammenhalt,
ja, alles Gefiihl fiir Billigkeit und Gerechtigkeit.
Es wáre jedoch ein Irrtum zu glauben, dass die alten Gefiihle
eines natiirlich gewachsenen und naturgegebenen Zusammenhangs
zwischen den nordischen Völkern hiermit vollstándig vernichtet
worden wáren. Die nordische Geschichte jener Zeit zeugt von
mehrfach erneuten Ansátzen zu einem wirtschaftlichen, sozialen
und politischen Zusammenschluss. Das Erbe der Union hinterliess
auch weiterhin seine Spuren im skandinavischen Verkehr, vor
allem durch die internordischen Reichsratsitzungen. Und in der
literarischen und geistigen Tradition lebte immer noch der ein-
heitliche und geeinte Norden sein ungebrochenes Leben. Mitten
in allen scharfen Gegensátzen des sechzehnten Jahrhunderts hört
man den offiziellen Vertreter der dánischen Geschichtswissen-
schaft, Svaning, die lebhafte Hoffnung aussprechen, dass die Zeit
kommen möge, wo »die beiden Völker wiederum in ein und der-
selben Sprache und ein und demselben Gemeinwesen zusammen-
geschlossen sein wiirden« (quomodo in unam eandemque linguam
ac societatem iterum utraque gens coalescat).
Die Geschicke wechselten, und im siebzehnten Jahrhundert
stand Schweden nicht nur als die unbedingt fiihrende Macht des
Nordens da, sondern sogar als eine Macht mit europáischen
Aspirationen. Es ist verstándlich, dass damals auch in der schwe-
dischen Politik áhnliche imperialistische Tendenzen entstehen
konnten, wie sie friiher das nordische Auftreten Dánemarks
deutlich geprágt hatten. Möglicherweise liegen solche Ge~
danken Gustav Adolfs vermeintlicher Absicht zugrunde, ein
»Nordisches Kaiserreich« zu schaffen, mit voller Sicherheit hegte
sie der ruhmbegierige Sinn des ersten Pfálzers, und in gewissem
Grade machten sie einen tragenden Bestandteil aus in den von