Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Side 152
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LE NORD
dynastischem Wege eine nordische Union herbeizufíihren, wie
z. B. im Jahre 1740 und nach 1809; sie wurden von bedeutenden
Kreisen aus dem ganzen Norden getragen. Und dann hielten
schliesslich die literarischen und kulturellen Bestrebungen ihren
Einzug, die getreulich die nordischen Programme und Gedanken
verfolgten, die als Erbe aus der Vergangenheit iibernommen
waren.
Man wurde jedoch den nordischen Charakter dieser Epoche
und seine Bedeutung fúr die Zukunft nicht gerecht einschatzen,
wollte man es bei dem oben Gesagten bewenden lassen. Etwas
Neues ist hinzugekommen, und zwar gerade auf dem zuletzt er-
wahnten literarischen und kulturellen Gebiet. Unter der Wirkung
verschiedener kultureller Einflússe entstanden úberall im Norden
Akademien, gelehrte Gesellschaften, die sich der Wissenschaft und
Forschung widmeten. Von Anfang an waren diese Akademien,
zum Teil auch infolge der Art ihrer Arbeit, skandinavisch ein-
gestellt und zeigten sich fahig, zu dem skandinavischen Zusam-
menhalt wesentlich beizutragen. Von ausserordentlicher Trag-
weite wurden demnachst die Einflússe, die von der grossen Kul-
turwelt her eindrangen, und die eine neue Auffassung des Men-
schen und der menschlichen Geschichte und Entwicklung brach-
ten. Die wissenschaftlichen und gebildeten Kreise in den nor-
dischen Landern erwachten zu neuem Bewusstsein des natúrlichen
Zusammenhangs und der einheitlichen Art des Nordens. Mit
glúhendem Eifer wandte man sich dem Studium des gemeinsamen
nordischen Altertums zu, und bald gelang es, mit den einheit-
lichen Grundlagen in Kontakt zu kommen, auf denen alles Nor-
dische aufbaute. Die Zeit der »skandinavischen« Zeitschriften
und Publikationen war gekommen. Durch den Gotizismus und
die Romantik erschlossen sich neue, starke Geistesströmungen,
welche die nordischen Erinnerungen zu stolzen Höhen empor-
trugen, und den skandinavischen Einheitsgefúhlen floss reichste
Nahrung zu. Der »Skandinavismus« in der besonderen Bedeutung
des Wortes war geboren und trat im kulturellen Leben des Nor-
dens alsbald in den Vordergrund.
Einige Einzelheiten aus der »Vorgeschichte« des Skandina-
vismus mögen hier noch erwahnt werden.
Der Spezialhistoriker der Skandinavismus, der Dane Julius
Clausen, lasst die Bewegung um die Mitte des 18. Jahrhunderts
ihren Anfang nehmen. In dieser Zeit trat eine Verschiebung
in der gegenseitigen Beurteilung der nordischen Völker ein, wobei
der alte Nationalhass verdrángt und durch ein lebhaftes Bewusst-