Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Blaðsíða 153
NORDISCHE SCHICKSALSGEMEINSCHAFT 147
sein der Verwandtschaft und Gemeinsamkeit ersetzt wurde. Das
Neue in den Geschehnissen lag nun aber nicht nur im Inhalt
der Gedanken oder Ziele. »Das Kennzeichen der neuen Zeit
war«, sagt ein jungerer danischer Schriftsteller, Henning Nielsen,
in seinem grossen Werk iiber »Die Einheit des Nordens im Wan-
del der Zeiten«, »dass das allgemeine Gefuhl der Zusammen-
gehörigkeit bei den drei Völkern in die Tat umschlug, sich iiber
die politischen Grenzen hinwegzusetzen begann, als ob die Ein-
heitspolitik gelungen ware, als ob der Norden bereits ein Staat
wáre. Von jetzt an bildete sich langsam eine unmittelbare geistige,
literarische, wissenschaftliche und fachliche, dann auch eine na-
tionale und schliesslich eine politische und v/irtschaftliche Einheit
des Nordens. Also nicht so, dass diese Einheit mit einem Schlage
da wáre, sondern stufen- und stiickweise, zu jeder einzelnen Zeit
oft fast unmerkbar, durch Zusammenfugung der entsprechenden
Gruppen, in den einzelnen Fáchern, Wissenschaften, Berufen, in
allen drei Lándern, iiber die dazwischenliegenden politischen
Grenzen des Nordens hinweg.«
Die besonderen Interessen des jungen Skandinavismus kom-
men friih zum Ausdruck. So las man im Jahre 1761 in J. S.
Sneedorff’s »Patriotiske Tilskuer« (Der patriotische Zuschauer)
eine warme Verteidigung der Einheit der nordischen Spra-
chen. Nach einem Vergleich der Verháltnisse bei grossen und
kleinen Nationen áussert der Verfasser: »Die Allgemeinheit der
Sprache ist nun von allen Mitteln das bequemste, um eine Nation
zu erwecken und ihr eine freiere und weniger beschránkte Denk-
art zu geben. Kein Wunsch kann daher mehr patriotisch sein
als der, ob es nicht möglich sei, der Nation eine Sprache zu geben,
die so allgemein wáre wie das Französische oder das Deutsche.
Zur Zeit der Reformation wáre die Einfíihrung des Hochdeut-
schen in Dánemark vielleicht nicht schwieriger gewesen als in
Niedersachsen, wo die Masse eine Sprache spricht, die vom Hoch-
deutschen fast ebenso verschieden ist wie das Dánische. Da dies
aber nicht mehr möglich ist, wiirde ich zur Ehre der nordischen
Nationen wiinschen, dass wir ein Mittel finden könnten, die
danische und die schwedische Sprache zu vereinigen, so dass die
Einwohner der drei Reiche hinsichtlich der Wissenschaften nur
eine Gesellschaft ausmachten. Wie grosse Vorteile könnten nicht
sowohl Sprache wie Wissenschaften von einer solchen Ver-
einigung erwarten, und sollte es nicht der Miihe wert sein, dass
die, welche in Sprache und Geschichte der beiden Nationen ar-
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