Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Page 156
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LE NORD
*Aus ist die Zeit der Zwietracht, die niemals betrete des Geistes
Freie, unendliche Welt; und die Töne von jenseits des Sundes
Klingen verwandt und entziicken uns nun, besonders die Deinen.«
Die nordischen wissenschaftlichen Kongresse nahmen ihren
Anfang mit der ersten skandinavischen Naturforschertagung in
Göteborg (1B39). Bald begannen auch die skandinavischen Stu-
dententagungen, auf denen begeisterte Reden und feierliche Ge-
líibde fiir das gemeinsame Vaterland, den grossen Norden, gen
Himmel stiegen. Den Höhepunkt bezeichnete hier die grosse Stu-
dententagung in Kopenhagen vom Jahre 1845 mit der unvergess-
lichen Szene, wo Orla Lehmann den versammelten Studenten
den Schwur der Treue abnahm gegen die nordischen Ideale, fiir
die sie kámpften. Aber diese Ideale hatten jetzt eine ganz be-
sondere und speziell politische Fárbung bekommen. Die schleswig-
holsteinische Frage war brennend geworden, und das Problem,
wie man die sudlichen Landesteile Dánemarks im Rahmen des
Nordens erhalten könne, bescháftigte alle dánischen Gemúter.
Der dánische Einschlag im Skandinavismus machte diesen daher
fortan zu einer dánischen 'Wehrfrage, die der Vorsorge und Ver-
antwortung des gesamten Nordens zugeschoben wurde. Verein-
zelte Versuche, zu Schwedens Gunsten Finnland in die nordische
Interessenspháre mit einzubeziehen, brachten in diese Sache kein
grösseres Gleichgewicht. Nur tastend und unsicher versuchten im
úbrigen mehr realistisch eingestellte »Skandinavier«, den Einheits-
tráumen dadurch einen positiven Inhalt zu geben, dass sie die
verschiedenen Wege studierten und prúften, auf denen die Einheit
wirklich erreicht werden könnte.
Aber dem Skandinavismus stemmten sich andere Willen und
Kráfte entgegen. König Karl Johan von Schweden-Norwegen
stand natúrlich an und fúr sich einer solchen Bewegung wie dieser
fremd gegenúber, und seine östliche aussenpolitische Orien-
tierung war dazu angetan, ihn hinsichtlich skandinavischer Neue-
rungen besonders misstrauisch zu machen. Die absolutistische
Regierungsform in Dánemark konnte sich ja — gerade im Hin-
blick auf die letzten politischen Erfahrungen — von der gárenden
Unruhe, welche die skandinavischen Strömungen jedenfalls mit
sich brachten, auch nicht gerade angezogen fúhlen. Und schliess-
lich kam hierzu noch Norwegen, dessen Lage und Einstellung
besondere Beachtung verlangten. Fúr die leitenden Persönlich-
keiten in Schweden und bis zu einem gewissen Grade auch in