Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Side 159
NORDISCHE SCHICKSALSGEMEINSCHAFT 15 3
dung in den interskandinavischen Verbindungen voraussehen zu
können.
Eine Wendung kam allerdings, jedoch nicht in der Weise,
wie man erwartet hatte. Die innere Lebenskraft der skandinavi-
schen Bestrebungen zeigte sich gerade in diesem Augenblick. Der
Skandinavismus ging nicht zugrunde, er veranderte nur in gewis-
sem Grade seinen Charakter. Das politisch-dynastische Element
wurde beiseite geschoben, das literarisch-kulturelle verlor seine
vorherrschende Bedeutung. Statt dessen verstárkten sich die
Ansátze zu einer praktisch-administrativen Zusammenarbeit, die
bereits der friihere Skandinavismus aufweisen konnte. Der Nor-
den liess den Hafen der Tráume hinter sich und lief in das ruhige
und niichterne Fahrwasser der Realpolitik ein.
Es galt nun, den skandinavischen Gedanken den breiten Mas-
sen zugánglich zu machen, den Skandinavismus, seine Bedingun-
gen und Bediirfnisse zum Besitztum eines ganzen Volkes zu ma-
chen, damit er im táglichen Leben seine Kraft und seinen Ein-
fluss entfalten könne. Bewusst — und unbewusst — wurde auch
sogleich in dieser Richtung eingesetzt. Schon 1865 wurden Post-
konventionen zwischen den nordischen Staaten abgeschlossen.
Skandinavische Tagungen mit praktischen Verhandlungspro-
grammen lösten einander in rascher Folge ab, und verschiedene
gesellschaftliche und berufliche Gruppen aus allen Teilen der
nordischen Lánder suchten Zusammenarbeit und gegenseitige
Unterstiitzung. Institutionen und Einrichtungen mit nordischer
Zielsetzung wurden gestiftet, so z. B. von schwedischer Seite im
Jahre 1873 das Nordische Museum und der Letterstedt’sche Ver-
ein, letzterer Herausgeber der »Nordisk Tidsskrift« (Nordische
Zeitschrift, seit 1878). In den Jahren 1872—75 gingen die nor-
dischen Staaten eine Munzunion ein. Von besonderer Bedeutung
fiir die Zukunft wurde die Zusammenarbeit auf den verschieden-
sten Gebieten der Gesetzgebung, wodurch in wichtigen Fragen
eine fíir ganz Skandinavien gemeinsame rechtliche Regelung zu-
stande gebracht wurde. Auch die Frage einer Zollunion, die den
ganzen Norden zu einer wirtschaftlichen Einheit verbinden sollte,
ist Gegenstand háufigen Meinungsaustausches gewesen. Diese Zu-
sammenschlussbewegung ist unablássig in steigendem Masse fort-
gesetzt worden.
Nach dem Weltkriege von 1914—1918 ist Finnland als selb-
stándiger Staat wieder in den Kreis der nordischen Lánder ein-
getreten, und ausserdem hat Island, friiher mit Norwegen und