Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Page 195
NORDISCHE KUNST
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die Aufstellung wird beiden gerecht. Der Schwede mag sich aber
damit zu trösten versuchen, dass L’Archevéque einen Schuler
hatte, der Johann Tobias Sergel hiess.
Sergel und Thorwaldsen! Julius Lange hat sie in einer seiner
feinsten Untersuchungen zusammengestellt, ein schöner Ausdruck
fiir eine generöse skandinavische Sympathie. Er hat nicht ver-
sucht zu entscheiden, wer der grössere war, sondern jedem von
ihnen seinen Wert gelassen. Auch sie ergánzen einander. Geradeso
wie die nordischen Kulturen im ganzen. Sergel reprásentiert das
neuerweckte Gefiihl fiir die Antike in seinem ersten Stadium,
Thorwaldsen in seinem spáteren Stadium. Der schwedische Mei-
ster verleugnet in seinen Werken niemals seine Zusammengehörig-
keit mit dem Barock. Er hat dessen Sinn fiir die stolze und pathe-
tische Geste. Der Dáne, der mehr als je ein nordischer Kiinstler
Weltruhm erlangt hat, und der ihn verdient als der vornehmste
Tráger des plastischen Stilideals einer ganzen Epoche, entspricht
in seinen besten Werken mehr als irgendein anderer der Winkel-
mann’schen Auffassung der Antike als »edle Einfalt und stille
Grösse«. Yielleicht ist es kein Zufall, dass dem Schweden gegeben
ward, in »Mars und Venus« und in der Statue Gustavs III. die
glanzvolle Geste, dem Dánen, in der »Hoffnung« die anziehende
Ruhe darzustellen.
Die zweite Hálfte des achtzehnten Jahrhunderts mit Roslin
und Pilo, Lafrensen und Hall, mit Breda und Martin bedeutet
fiir Schweden eine Bliitezeit der Malerkunst. Dánemarks Zeit
kommt mit der Periode von ca. 1800—1870, die durch Namen
wie Eckersberg, Köbke, C. A. Jensen, Dankwart Dreyer, Sonne,
Marstrand, Dalsgaard und P. A. Skovgaard gekennzeichnet wird.
Die schwedische Kultur der gustavianischen Zeit war eine glanz-
volle Aristokratenkultur, »phantastisch, prunksiichtig, auslán-
disch, wenn man will«, wie Tegnér sie charakterisiert hat. Die
dánische Kultur des 19. Jahrhunderts bildet den Gegensatz dazu
'— sie ist still und sachlich, verabscheut das Prahlerische und
Prunkvolle und sucht, in das eigene Innere einzudringen. Sie ist
biirgerlich und daher in ihrer Zeit, dem Jahrhundert der Bour-
geoisie, selbstverstándlich zu Hause. Dánemark, vor allem Kopen-
bagen, hat sein 18. Jahrhundert dazu verwendet, ein Biirgertum
zu schaffen, das zum Tráger einer Kunst werden kann, die seiner
Lebensanchauung entspricht. Schweden dagegen war nicht im-
stande gewesen, diese soziale Voraussetzung fiir eine zeitgemásse
Kunst des 19. Jahrhunderts zu verwirklichen. Hier besassen