Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Side 199
NORDISCHE KUNST
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Wort und Gebarden. Aber ihre Malerei war nicht einmal »salon-
radikal«, zumeist »salonbetont« — ohne Radikalismus. Im Schwe-
den steckt das Gustavianische, das Aristokratische des 18. Jahr-
hunderts. Das kann ein förderlicher Zug sein. Es wird ihm da-
durch leichter, sich die Eleganz und das Geschmackvolle in der
französischen Malerei mit Kongenialitát anzueignen. Aber es
hindert ihn, sich in seiner Kunst mit vorbehaltsloser Aufrichtig-
keit hinzugeben. Er denkt gern daran, wie er sich ausnimmt, und
legt oft mehr Gewicht auf das Geschmackvolle und Gefállige
als auf den Ausdruck eines tieferen Erlebens. Hugo Birgers
»Eröffnungsfriihstuck« zeigt uns eine Klasse schwedischer und
Finnlands-schwedischer Kiinstler mit Zylinderhut und, wenn es
geht, mit dem Zeichen der Ehrenlegion im Knopfloch. Carl Lars-
son vereint in seiner Kunst das prachtvoll Stockholmische mit
dem eleganten Parisischen.
Er wurde in seiner Heimat populár wie nur wenige Kiinstler,
aber weder Dánemark noch Norwegen haben ihn anerkannt.
Zorn wird ein neuer »Roslin le Suédois«, ein internationaler Vir-
tuose von Meisterklasse, der aber gleichzeitig sein Schwedentum
behauptet, und zwar in Leben und Wirken, nicht nur wie der
Kollege aus dem 18. Jahrhundert durch einen Zusatz in der
Signatur.
Man kann den besten der norwegischen Maler aus den 8oer
Jahren, Christian Krohg, mit seinen schwedischen Kollegen ver-
gleichen. Welche unbándige Robustheit in Ausfiihrung und Farbe,
welche riicksichtslose Aufrichtigkeit in der Wahl und Auffassung
der Motive begegnet uns bei diesem Norweger! Er schreckt vor
nichts zuriick, auch nicht davor, brutal und geschmacklos zu
werden. Seine herausfordernde Freimiitigkeit ist jedoch ohne jede
Koketterie. Sie ist selbstverstándlich und rein wie der Bauernnatu-
ralismus, der von allen natiirlichen Dingen spricht, ohne die
Stimme zu senken, und jedes Ding bei seinem rechten Namen
nennt. Krohgs Ausdrucksmittel sind auch stark und echt, eine
Malerei, die weder delikat ist noch es sein will, die aber koloris-
tische Frische und Reichtum besitzt, die unter allen Verháltnissen
bestehen bleibt, und die sich als ein vortrefflicher Ausgangspunkt
fiir jiingere Generationen von norwegischen Malern erwiesen hat.
Finnland, das in der Diisseldorfer Zeit einen so bedeutenden
und selbstándigen Landschaftsmaler wie Werner Holmberg auf-
weisen konnte, bekommt in Albert Edelfelt seinen grossen Meister
der 8oer Jahre — Pariser und internationale Beriihmtheit, Schwe-
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