Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1940, Page 205
NORDISCHE KUNST
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Matisse, direkt oder indirekt, diesem Geschlecht ein niitzlicher
Lehrer gewesen, ohne dass es zwischen Norwegischem und Fran-
zösischem zu Reibungen gekommen wáre. In Norwegen bekam
nach Munchs Gemálden in der Aula der Osloer Universitát die
monumentale Malerei Wind in die Segel wie gegenwártig kaum
in einem anderen Lande. Oslo wurde eine Stadt der Fresken. Hier
kann der reisende Kunstfreund umherwandern wie in Florenz
und an verschiedenen Orten Studien iiber ’W’andmalereien anstel-
len: iiber die von Per Krohg, Axel Revold, Alf Rolfsen und
anderer, in Schulen, Universitát und Bibliothek, in Gescháfts- und
Vereinslokalen, in Kirchen und Krematorien. Die monumentale
Malerei, die jetzt in Arnebergs und Poulsens neuem Rathaus vor
gewaltige Aufgaben gestellt ist, droht das Interesse von Kiinst-
lern und Allgemeinheit in einem Masse auf sich zu lenken, das
eine Verschiebung des Verháltnisses zwischen Wandmalerei und.
Staffeleimalerei zur Folge haben kann.
Fiir Dánemarks neue Malergeneration, die um 1910 ihre
Laufbahn begann, kam es darauf an, mit zielbewusster Kraft die
Bande zu sprengen, mit denen die Tradition des 19. Jahrhunderts
die Kunst noch immer im Ziigel hielt. Kiihnheit, grosse Schritte
wurden erforderlich, und sie fehlten auch nicht bei Mánnern
wie Harald Giersing, Wilhelm Lundström und ’William Scharff.
Trotz allem wird aber der Kontakt mit dánischer Natur und
dánischem Volksgemut bewahrt. Man kann z. B. nicht daran
zweifeln, dass die Modelle zu Olaf Rudes Portraits Dánen sind,
von einem Dánen aufgefasst, oder dass Axel P. Jensens Land-
schaften aus Jútland mit einer liebevollen Vertrautheit mit dem
Motiv geschildert sind.
Bei den Schweden brechen sich Romantik und Eleganz,
schwedisches Naturgefúhl mit kosmopolitischer Kultur. In der
eigentlichen Durchbruchsgeneration traten Gösta Sandels und
Leander Engström als eigenartige romantische Maler von nordi-
schem Naturell hervor, wáhrend Isaac Grúnewald, Einar Jolin
und Nils Dardel dekorative Festlichkeit, zierliches Behagen und
listigen Esprit reprásentieren, ’Werte, die nicht an das eigene Land
und Volk gebunden sind. Von den neuen Malernamen, die sich
in den i92oer Jahren und spáter bemerkt gemacht haben, wur-
den anfangs der Naivismus und die »neue Sachlichkeit« gepflegt;
naehr und mehr hat aber die unmittelbare Freude an der Schil-
derung der schwedischen Natur ihrer Kunst das Gepráge gege-
ben, auf Kosten der französischen Haltung.