Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Blaðsíða 18
iiber, ich habe doch nicht so ganz umsonst an der Hochschule sieben Jahre lang
Philosophie studiert.
Ich hasse den Pöbel. Aber gerade um ihn zu narren, iibertrete ich nicht die
Gesetze. Allein: als ob er die Gesetze verfaBt hatte, damit ihnen gehorcht wiir-
de! Nein, im Gegenteil, nur damit sie gebrochen werden! Damit sie gebrochen
wiirden, und er auf diese Weise Gelegenheit bekame, sich in persönliche Angele-
genheiten einzumischen, den Menschen ihre Geheimnisse zu stehlen und in Win-
keln herumzuschniiffeln, an die er sonst niemals herangekommen wáre!
Diese Rechnung aber soll er bei mir ohne den Wirt gemacht haben. Dazu habe
ich eine zu uniiberwindliche Abneigung gegen den Pöbel, und ich sehe mich vor,
mit ihm zusammenzukommen. Sollte ich mich der Gefahr aussetzen, dafi eine
Nachsuche gehalten wiirde bei mir, daB meine Koff er geöffnet wiirden und irgend-
welche Grobiane darin herumwiihlten ? Was hátten sie davon, wenn sie entdeck-
ten, daB ich, der alte lumpige Kerl, da in der Handkiste eine dunkelbraune Haar-
locke und einen halbverschliffenen Goldring verwahre ?
Ich werde mich vorsehen, dieses Gesetz zu brechen; obwohl ich niemals irgend-
welche Gesetze so regelrecht gehafit habe wie dieses. Ich wollte, ich könnte sie
jetzt noch tiefer hassen, aber die Kráfte sind am Schwinden, und sogar dieses
Herz erkaltet langsam...
In den náchsten Tagen trank ich den Tropfen Branntwein auf, den ich vor
Weihnachten unten in der Förde bekommen hatte; das war leicht geschafft, denn
es war nicht mehr gerade viel.
Neujahrsabend!
Der letzte Friedenstag fiir den Wein auf Island! Mir war nicht wohl den Tag
iiber. Meine Beine waren ungewöhnlich schlimm, und dabei habe ich doch schon
lange nicht recht gehen können; in der linken Hiifte saB mir die Gicht. Fast den
ganzen Tag lag ich im Bett und riihrte mich nicht. Ich ging auch nicht hiniiber in
den anderen Teil des Hauses, als Thorir sich bereit machte, die Hausandacht zu
lesen. Trotzdem hörte ich wohl genug von dem verdammten Geleier vorn in der
Wohnstube. Man kann sich vorstellen, wie das in meinen Ohren klingt, der ich
die besten Sánger unserer Zeit gehört habe, wenn Thorir und Sigurlaug und die
Kinder: ,,eins zum Ende“ singen, grundfalsch, und Manga und Truda dazu wim-
mern wie der Wind drauBen auf dem Dach, und dazwischen hört man von Gven-
dur her ein Dröhnen, wie aus einer leeren Tonne. Ja so etwas! Und das soll dem
lieben Gotte angenehm sein! Aber er muB sich schon trösten damit, der arme
Mann, daB jeder ihn sich nach seinem eigenen Bilde schafft. Und da ist es nun
ziemlich hoffnungslos, daB der Gott, den Thorir und Sigurlaug sich schaffen,
einen besonders feinen Geschmack habe...
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