Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Blaðsíða 20

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Blaðsíða 20
Geschlechtes sein wirst zu deiner Zeit.“ Sogar der Korkzieher dort. Erinnerungen sind an ihn gekniipft an manchen guten Zug und manche frohe Stunde. Er soll denselben Weg gehen wie alles andere. Er soll niemals gebraucht werden, um Arz- neiglaser zu öffnen oder Petroleumflaschen. Ich danke dir, Egill, dafi du allein von allen meinen alten Freunden gedacht hast an mich, daB du mir anbotest, mir einen Gefallen zu tun. Warum warst du der einzige ? Hat mich doch mancher in alten Tagen mit gröBeren Worten seiner Freundschaft versichert als du. Kommt es daher, daB dein Lebensgluck kleiner gewesen ist als das aller anderen ? Hat dír das den edlen Zug deiner Jugend be- wahrt ? Beinahe hatte ich deinen Brief im Geist des Diogenes beantwortet: Die Sonne bescheint mich, es umatmet mich die Luft, was brauche ich weiter ? Aber da fiel mir ein, daB es mehr als allen anderen mir zukam, dem Weingott zu seinem Abzug von Island den letzten Trunk darzubringen, und so bat ich dich um eine Flasche Steinberger. Da zeigtest du, Egill, daB du von guter Art bist. Du brach- test mir, worum ich dich bat, nicht mehr und nicht weniger. Du wuBtest, daB Thorir Ketilsson nicht um Almosen bettelt, wie immer es auch um ihn bestellt sein mag. Den kleinen Thorir hat es lange gepeinigt, daB er nicht zu wissen bekam, was in diesem Kasten war; hatte er ihn vom Handelsplatz geholt, so wáre er imstande gewesen, ihn zu öffnen. Der arme Gvendur aber tat das nicht. Bald ist alles ver- schlungen von der Schlucht. Die kann schweigen úber dem, was ihr anvertraut wird. — * Steinberger, echter, alter Steinberger. Ich löse die Haube von der Flasche und ziehe den Kork. Dann werfe ich den Korkzieher hinunter in die Schlucht. Ich halte die Flasche gegen das Mondlicht. Die Strahlen tanzen in dem klaren Wein, wie sie so zittert in meiner bebenden Hand. Tráume, die allein dieser Duft mir weckt, herb und frisch, súB und zúndend! Atmet in ihm nicht der Waldes- hauch von den Ufern des Eheins und schwillt in ihm nicht das Rauschen des groBen Stromes, weich und bezaubernd ? Ich schenke den Becher voll, der Wein strömt in ihn hinein wie aus zusammen- gedrehten Fáden aus Kristall, schimmernd im Licht des Mondes. Göttlicher Wein! Du kúhlst und umschmeichelst nicht nur Zunge und Kehle. Du dringst weiter bis in jeden Nerv. Ich zittere von súBem Schauer. Nun habe ich mir Jahr fúr Jahr an Branntwein genúgen lassen mússen. Kaum wage ich dran zu denken, wie lange es her ist, seit ich echten, edlen Wein ge- schmeckt habe. Den Geschmack aber habe ich mir bewahrt. Ich vermag sie zu wúrdigen, die Gúte dieses Weines, dieses sonnengeborenen Weines. 140

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