Gripla - 20.12.2005, Blaðsíða 93
RECHT UND HEIL 91
15. Jh., der mit ebenjener Perikope und dem anschließenden Satz endet: Deo
gratias, per ewangelica dicta nostra deleantur delicta.33 Ein norwegisches Bei-
spiel ist die jüngere Pergamenthandschrift GKS 3262 4to (1576), die nach
dem Stadtrecht von Nidaros, einem Abschnitt über die Bedeutung des Eides
und Eidesformeln (1-85r) und dem Kaufmannsrecht (85v-97r) auf Bl. 97r-v
mit roter Tinte die Johannesevangelien-Perikope bietet. Die folgenden Texte
sind wieder eindeutig juristischer Natur (97v-98 Gemarkungen von Nidaros,
98v-99r Formular des Weihnachtsfriedens, 99r-132v Gesetzesnovellen des
13.-16. Jh.s.).
Andere Rechtshandschriften zeigen parallele Phänomene, indem sie an-
dere Bibelstellen in ähnlicher Weise einbinden, wie es oben schon für die Arn-
arbælisbók dargestellt worden ist. So ist in der sorgfältig angelegten34 Hand-
schrift GKS 3270 4to aus der 1. Hälfte des 14. Jh.s, die mit dem Kristinréttr
Árna biskups beginnt (1v-22r), eine andere Stelle des Johannesevangeliums
eingefügt, ebenfalls auf lateinisch: Ego sum lux mundi (Io 8,12-20 – Rubrik:
secundum Johannem, 22rb3-26)35, gefolgt von der Vorrede der Jónsbók (= Bréf
Magnús konungs, 22va1-23v23), einer Illumination, die Christus am Kreuz
zeigt (23vb über zehn Zeilen), und dem Register 23vb11-25vb22). Nach dieser
sinnfälligen Zäsur und einer Rubrik (25vb23 f.) schließen sich die Hauptteile
der Jónsbók an (26ra1-102rb13), gefolgt von Gesetzesnovellen (102rb13-109ra9,
der Rest des Blattes ist weggeschnitten, 109v leer) und der Hir›skrá, welche
defekt endet (110ra1-129v23).
33 „A la fin (fol 99) et de la même main que le reste du volume“ (Bibliothèque Nationale (de
Paris), Mss. Danois, Islandais, Norvégiens et Suédois nr 20 (= Ancien [Regius] nr. 10503). Es
handelt sich um einen Kodex von Konung Magnus Eirikssons Landslag, s. Skæbne 1887:12
f. — Der Satz Per evangelica dicta etc. ist ein Bestandteil der Messe und steht in direkter
Verbindung mit der Perikope – nach der Lesung des Evangeliums spricht der Geistliche:
„Verbum Domini“, die Gemeinde antwortet: „Laus tibi, Christe“. Dann küßt der Priester die
Schrift und spricht: „Per evangelica dicta deleantur nostra delicta.“ Die Zusammenstellung
von Io 1,1-14 (einschl. Miniatur Johannes auf Patmos) und Per evangelica dicta findet sich
damit nicht überraschenderweise auch in einem Stundenbuch, Thott 114 8vo (Gebrauch von
Nantes, Bretagne?, ca. 1460/70) auf Bll. 13-14v (s. http://www.chd.dk/thott/thott114.html –
12.10.2004).
34 Die Hs. ist in einer großen und regelmäßigen Hand geschrieben, versehen mit roten Über-
schriften, roten, blauen, braunen und grünen ornamentierten Initialen, zudem gibt es mehrere
Initial-Miniaturen.
35 Die letzten beiden Zeilen sind in sehr kleiner Schrift unterhalb des Schriftspiegels gesetzt.
Am Ende des Kodex, auf 128v19-23 steht der Abschnitt Nu gefi gud oss flessa nÌtsemd | ok
heilrædi sua til nÌtsemdar at | færa etc.