Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1925, Blaðsíða 30
legte.------ Jene Gegenden sind tot, dort sieht dir keine blonde Germanin
ins Auge, dort ist alles Eis rmd kalter Fels.
Wie herrlich ware es gewesen, hatte man hier ein paar Tage verweilen
können um die Einzelheiten zu bewundem. Welche Farbenspiele mögen hier
durch die untergehende Sonne ausgelöst werden und wie mag dies Panorama
erscheinen, wenn in den Spátsommertagen jeder Dunst aus der Euft gewichen
ist, und die fernen Berge náhergeriickt erscheinen. Man kann nur hoffen,
daB giinstigere Zeiten uns die Erfiillung unserer Wiinsche bringen werden.
— Auf Wiedersehen, sagenumwobene Þingvellir!
Fiir die Stadt und all’ das, was uns ihre Bewohner zeigen wollten, ver-
blieben nur wenige Stunden; und doch konnten wir das Wichtigste sehen.
Alles war auf den Beinen, um Deutschland die tiefe Sympathie Islands fiihlen
zu lassen. Es war Feiertag, wer nur konnte, warf sich in Sonntagsstaat und
promenierte auf dem Austurstraeti und dem Auslurvöllur. Hier war ein
Podium errichtet und unter den Klángen der Bordkapelle wurde die Glima,
der alte Ringkampf der Islánder, vorgefiihrt. An beiden Nachmittagen
wurden zahlreiche Passagiere von den Einheimischen eingeladen, auf ein
paar Stunden ihre Háuslichkeit zu teilen; auch wir waren Kaffeegáste unserer
Freunde. Wie waren wir erfreut iiber die schmucken, iiberraschend geráu-
migen Zimmer, von denen oft io—15 in einem nicht allzu groBen Hause
giinstigst gruppiert sind. Wieviel Euft und Dicht dringt in diese bunten
Giebelháuser, die man beim ersten Blick nicht als die zweckmáBigste Bau-
weise erkennen kann. Wie schade, daB dieses „Islandhaus" bereits dem
modernen Steinhaus weicht, das die siidlich gelegenen StraBen, am Tjörn,
beherrscht. Da eine eigene Bauweise fiir Steinbauten nicht existiert, be-
kommt man das merkwiirdigste Durcheinander von Stilarten zu sehen, und
es wáre den Bewohnern nur zu wiinschen, daB sie auf eine Bauweise kámen,
die sich an ihre alten Holzháuser anlehnt.
Besichtigt wurde das Altinghaus, der Dom mit dem von Thorwaldsen ge-
schenkten Taufbecken, das Museum, die Bibliothek, die manchem Island-
freund wertvolles Máterial bieten diirfte, und zum SchluB die Ausstellung
der beriihmten Skulpturen des noch schaffenden islándischen Bildhauers
Einar Jónsson. Es wiirde eine wertvolle Bereicherung der „Mitteilungen“
sein, wenn es möglich wáre, eine eingehende Wiirdigung dieser höchsten
Kunstwerke zu bringen.
Wáhrend zahlreiche Bordgenossen einen Proberitt auf den lieben bereit-
stehenden Islandponnys unternahmen, besuchten noch andere die Klipp-
fischtrocknereien, die Fischkonservierungsfabriken, die heiBen Quellen, oder
beobachteten das Hafenleben, das durch die Anwesenheit von einem halben
Dutzend deutscher Fischdampfer ein besonderes Gepráge erhielt.
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