Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1926, Blaðsíða 5
Felsen klebend, hinaufsteigen. Stellenweise ist die Wand ganz weiB von den
Bxkrementen der zu Tausenden dort nistenden hummen und Alken. Uns
selber mit dem Rest der Ueute bringt das Boot an eine andere Stelle des
Felsens, an der das Uanden angeblich bequem sein soll. Nun, wir sind ja alle
gliicklich hinaufgekommen; ohne meine vortrefflichen Tumschuhe mit
Gummisohlen wáre die gefáhrliche Kraxelei nicht möglich gewesen. Die
Islánder tragen fiir solche Zwecke Schuhe aus Schafleder. Bevor mit dem
Eiersammeln begonnen wird, treten alle hinter einen Felsblock zusammen
und einer von ihnen spricht ein kurzes Gebet. Und dann geht’s hinauf bis
an den Rand des Felsens, wo er senkrecht oder gar iiberhángend zum Meere
abfállt. Die Sammler werden an zwei kráftigen Seilen angeseilt und iiber
den Grat hinuntergelassen; oben sitzt ein Mann, der sich die Seile um den
Leib schlingt und auf Zuruf von unten nachláBt oder anzieht; ein zweiter
Mann leistet ihm dabei Hilfsdienst. Die Sammler suchen die verschiedenen
Stockwerke ab und stecken die Fier in ihre um den Ueib fest angeschniirte
Bluse. Um nicht gegen die Felswand geschleudert zu werden, stoBen sie
sich kráftig mit den FuBen ab, und man sieht die verwegenen Kerle in weitem
Bogen um die Felsen schwingen. Eyjólfur ist von allen der Kúhnste und
Gewandteste. DaB bei diesem halsbrecherischen Gescháft manches Ei zer-
brochen wird, ist unvermeidlich, und als Eyjólfur mit gefúllter Bluse úber
den Rand wieder nach oben kommt, da trieft er hinten und vom.
Ich selbst bin unterdessen auf den höchsten Pirnkt des Felsens gestiegen
und habe Umschau gehalten. Was dort oben die Brast bewegte, vermag
ich nicht in Worte zu fassen. Wenn es einem Forscher úberhaupt erlaubt
ist, persönliche Empfindungen zu erwáhnen, so darf ich sagen, daB sich mir
auf Hellisey einer meiner sehnlichsten Wúnsche erfúllte: Ich war in der
Heimat von Alca impennis! Weit hinten im Ozean erblickte ich als letzte
Klippe die Geirfuglasker (Geirfugl=A. impennis), als náchsten Felsen die
Súlnasker, in ihrer Náhe den Geldingur; dann folgt Hellisey und in der
Richtung auf Heimaey die gröBte Klippe in dieser Reihe: Suðurey; etwas wei-
ter westlich erheben sich Brandur und 'Alfsey aus den Wogen. Auf allen
diesen einsamen und schroffen Felsen hat der Geirfugl gelebt und gebrútet;
wahrscheinlich nicht minder zahlreich wie heute noch Alken und Uummen.
Ist es úberhaupt möglich, in dieser wilden und gefáhrlichen Einsamkeit, daB
der stattliche Vogel allein durch die Nachstellung der Menschen ausgerottet
werden konnte ? Ich bezweifle es. Wohl aber halte ich fúr möghch, daB
Naturereignisse, Nahrungsmangel infolge heftiger und anhaltender Stúrme
u. a. m. seinen Untergang herbeigefúhrt haben; natúrlich haben die bar-
barischen Nachstellungen ihn beschleunigt. Diesen Schandfleck auf dem
unermeBlichen Schuldkonto des Menschen kanu keine Zeit entfemen. —
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