Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Qupperneq 12
der mit den Geschaften anderer Keichsteile, Norwegens und auch der Herzog-
tiimer zusammen hehandelt und vermengt worden waren, war das Yerhaltnis die-
ser Reichsteile untereinander wie auch ihr Verhaltnis zum danischen Stammland
in vielen Dingen sehr unklar geworden. Das gesamte islándische Lehen ist
stark iiherfremdet, alle Initiative und aller Fortschritt scheint unterbunden.
Doch ist im Volke das BewuBtsein wach, daí.i dieser Zustand herbeigefiihrt ist .
durch die Gewalt einer iiherlegenen auslándischen Macht — personifiziert in dem
absoluten König des dánischen Reiches. Mit dem Zusammenbruch dieser Herr-
schaft des Absolutismus muBte — soweit noch Kráfte der Erneuerung lebendig
waren — auch die Geschichte und das Geschick des islándischen Volkes eine neue
Wendung nehmen.
II. Der erste Kampf um die Anerkennung der Sonderstellung
Islands
Das Vorspiel 1834—1848. Island und die dánischen Provinzialstánde
Die neue Bewegung gegen die Fiirstenherrschaft, die die französische Julirevo-
lution vom Jahre 1830 in ganz Europa auslöste, fiihrte in Dánemark, wo Fried-
rich VI. auf dem Throne saB, im Mai 1831 zum ErlaB eines „Allgemeinen Ge-
setzes wegen Anordnung von Provinzialstánden“. Nach Beratung des neuen Ver-
fassungsentwurfes durch eine Kommission, in der Island durch den damaligen
Stiftsamtmann Grafen Moltke und den Geheimen Archivar Finn Magnússon ver-
treten war, erfolgte die endgúltige Einfiihrung der Provinzialstánde im Mai 1834
in der Weise, daB die Inseldánen, Jiitland und jedes der beiden Herzogtiimer eine
besondere Stándeversammlung mit beratender Stimme erhielten. Islands Teil-
nahme sollte sich darauf beschránken, 2 Abgeordnete auf den Landtag der Insel-
dánen zu schicken, die auf Island zu wáhlen waren. Da es fiir 1834 nicht mehr
gelang, auf der Insel dieWahlen zustandezu bringen, entschloB sich derKönig
kurzerhand, fiir dieses Mal die beiden Abgeordneten selbst zu ernennen.
Diese geringe Beriicksichtigung Islands hatte schon vor ihrer Erhebung zum
Gesetz sowohl von islándischer und auch selbst von dánischer Seite Widerspruch
erfahren. Der maBgebende Wortfiihrer der Islánder in der Öffentlichkeit war zu
dieser Zeit Baldvin Einarsson, der in zwingenden Darlegungen die Notwendigkeit
einer selbstándigeren Verfassung der Insel verfocht und fiir sein Land das gleiche
Recht eines eigenenLandtages beanspruchte, wie es den anderenReichsteilen ge-
wáhrt worden war1. Auch auf ganz Island selbst begann es sich jetzt zu regen.
Man erkannte in der neuen Verfassung und in der Art, wie sie dem Lande auf-
1 Om de danske Provinsialstander med specielt Hensyn paa Island; vgl. Dansk Literatur-
tidende, 1832, nr. 27—28.
132