Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Blaðsíða 14
VorstoB energisch zu fiihren. Da brach einer der danischen Abgeordneten selbst,
der Advokat Balthasar Christensen aus Kopenhagen, eine Lanze fur die islán-
dische Sache. Nach einer scharfen Kritik der Tátigkeit der Beamtenkommission
in Reykjavik unterstutzte er mit scharfen und warmen Worten die islándischen
Wunsche, wie sie auBerhalb der stark vom König abhángigen Beamtenkreise laut
geworden waren: Vermehrung der Zahl der Abgeordneten, Erweiterung der Wahl- -
berechtigung1, Wahl vonÞingvellir als Tagungsstátte, ausschlieBlicher Gebrauch
der Landessprache bei den Aldingsverhandlungen, volle Öffentlichkeit seiner Sit-
zungen. Das waren die Forderungen, ftir die Jón Sigurðsson, der bald der Ftihrer
der Unabhángigkeitsbewegung werden sollte, zum erstenmal in den zur Vertre-
tung der nationalen Interessen gegrtindeten Ný Félagsrit seine Stimme erhoben
hatte2. Und er ging noch weiter: er verlangte vollkommene Selbstándigkeit ftir
die obersten Regierungsbehörden der Insel; die Aufhebung der Kompetenz des
obersten Gerichtshofes in Dánemark in allen islándischen Rechtssachen; einen
möglichst groBen Anteil des Volkes an den politischen Rechten. Hier wurden von
Norden her die gleichen Ziele aufgesteckt und mit leidenschaftlichem Ernst ver-
fochten, die zehn Jahre frtiher der Insulaner Uwe Jens Lornsen von Stiden her
ftir die Herzogttimer aufgestellt hatte: Personalunion, aber völlige Trennung der
Verwaltung und Justiz von Dtinemark, unbedingte Anerkennung des eigenen
Volkstums und der Nationahtát. Jón Sigurdsson war die Seele einer Gruppe von
27 in Kopenhagen lebenden Islándern, die sich dort zusammengeschlossen hat-
ten. Von diesen erntete Christensen ftir sein schneidiges Vorgehen begeisterten
Dank und auf der anderen Seite bearbeiteten sie die islándischen Abgeordneten,
die islándischen Forderungen vor dem Landtag nach Kráften zu vertreten. Der
Landtag jedoch verhielt sich in seiner Mehrheit allen wesentlichen Anderungen
des Regierungsentwurfes gegentiber ablehnend, und so wurde dieser trotz meh-
reren islándischen Petitionen, die nach der Stellungnahme des Landtages noch
eingelaufen waren, unterm 8. Márz 1843 zum Gesetz erhoben durch die „Verord-
nung tiber die Stiftung einer eigenen beratenden Versammlung ftir Island, die
Alding genannt werden soll“. Sie sollte 20 vom Volke gewáhlte und 6 vom König
ernannte Mitglieder záhlen und alle zwei Jahre in Reykjavik zusammentreten.
Soviel diese Verfassung immer zu wtinschen tibrig lieB, eine so bedeutende Er-
rungenschaft war sie doch ftir das nach neuer Unabhángigkeit strebende Volk:
sie ermöglichte, vollkommen unabhángig von den dánischen Landtagen, denen
sie nebengeordnet war, eine wirksame Vertretung der eigenen Rechte und bot
eine feste Ausgangsstellung ftir den weiteren Kampf. (Fortsetzung folgt)
1 In den Kommissionsentwurf war die Wahlberechtigung an ein bestimmtes KatastermaC
von Grundbesitz geknupft worden, welcher zu Eigen- oder zu Leibrecht an Gutern des
Königs oder öffentlicher Stiftungen gehen sollte. 2 Ný Eélagsrit 1841, S. 59ff.; 1842, S. Iff.
134