Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Blaðsíða 16
Alioholverbot in Kraft trete. Er hatte im Jahre vorher, seligen Angedenkens,
mit fiir das Verhot gestimmt, und er scheint zu glauben, daB er es recht eigenthch
gewesen sei, der diesem Gesetz zum Siege verholfen habe. Jedenfalls ist dies das
einzige Gesetz, von dem ich ihn jemals habe sprechen hören, und ich zweifle, ob
er noch andre kennt.
Ich sagte so irgend etwas, daB er mich nicht hesonders daran zu erinnern
brauchte; ich wiiBte das sehr gut selbst.
„Ja, du bist naturlich vollerÁrger dariiber, daB du die paar Pfennige, die du
hast oder bekommst, jetzt nicht mehr fiir deinen Branntwein wegschmeiBen
kannst.“
Als ob ich etwas Besseres damit anfangen könnte! zischte es aus mir heraus.
„Ich will mich nicht weiter mit dir herumzanken“, sagte er, „ich will dich
nur noch einmal wissen lassen, daB nach Neujahr hier kein Wein mehr im
Umlauf sein darf. Ich hoffe, daB du dich nicht abmiihst, dir auch weiterhin
Wein zu verschaffen, und es ware schon am besten, daB du vorher auftrankest,
was du vielleicht noch hast oder es wegschiittetest. Ich will deswegen keinerlei
Aufhebens hier gemaeht haben oder mein Heim in schlechten Ruf bringen.“
„Ich bin nun alter als du, kleiner Thorir“, sagte ich, „und bis jetzt habe ich
noch kein Gesetz iibertreten. Willst du nicht warten mit deinen Ermahnungen,
bis du wenigstens irgendeinen kleinen Grund dazu bekommen hast.“
Er schwatzte noch etwas hin und her, ich aber spann mein RoBhaar weiter,
drehte mich weg von ihm und antwortete ihm nicht mehr. So packte er sich
davon.
Ja, Thorir ist immer ein Musterknabe gewesen. Unglaublich, daB so ein zahmes
Biirschchen aus dem Gilsgeschlecht hervorgegangen sein kann, dazu im gra-
den Mannesstamm! Und es wurde keineswegs besser mit ihm, als er Abstinenzler
wurde. Ich weiB bestimmt, daB er dieses Einfuhrverbot jetzt iiberhaupt nur ins
Gesprách gebracht hat, um mich zu quálen. Ich bin zwar nur ein alter Lump, aber
doch war es schlecht von Thorir, dies aufzutischen, um mir weh zu tun. AIs ob er
etwa, Thorir, irgendeine Achtung vor Gesetzen hátte! Er fiirchtet sie vielleicht!
Nein, ich bin sicher, daB er kaum weiB, daB es iiberhaupt Gesetze gibt auBer die-
sen seligmachenden Alkoholgesetzen. Aber Thorir benimmt sich, wie er die ande-
ren Leute sich betragen sieht, und deswegen kommt er nicht ins Loch.
Undankbar gegen Thorir! Aber wofiir sollte ich auch dankbar sein ? Als ob das
Leben mir irgend etwas beschert hatte, was zu begehren es selbst mich gelehrt
hat. Hat es mir irgend etwas geschenkt von dem, was man so gemeinhin als seine
hohen Giiter ansieht, Ehre, Ruhm, Reichtum, Macht, Beliebtheit ? All dies hat
es mir vor die Nase gehalten, es mich aber nie genieBen lassen. Es hat mir die
Liebe gegeben, und sie mir fortgerissen in dem Augenblick, wo ich ihr ewiges
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