Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Blaðsíða 26
Und was sollen die tun, die nichts haben, um ihre kalten Glieder zu warmen
und ihre erstarrenden Nerven zu belehen, als das Gnadengeschenk des Dionysos ?
Was soll ihnen nun helfen, sich ,,ein Reich der Freude zu bauen, wo die Welt
ringsum weint“ ? *
Das Siebengestirn steht iiber der Holtskuppe. Ich fiihre den Becher an meine
Lippen und leere ihn. Dann werfe ich ihn hinunter in den tiefsten Schlund der-
Schlucht.
Was denke ich ? Was tue ich ? Warum werfe ich den Becher hinab in das Men-
schengedrange ?
Stehe ich nicht auf dem Gesetzesfelsen und steht nicht das ganze islandische
Volk hier unter mir am Abhang ? Höre ich nicht das Rauschen und das Stimmen-
gewirr der Menschenmenge ? Bin ich nicht immer noch jung und stark ?
Oder stehe ich hier am Rande der Schlucht und höre das Rauschen des Wasser-
falls. Bin ich nicht ein alter Lump und betrunken ? Und ist das neue Gesetz nicht
in Kraft getreten ? Oder war das auch ein Traum ?
All das Schöne ein Traum, all das HáBliche und Schreckliche — Wirklichkeit!
Ich bin ein elender Kriippel. Meine letzte Freude hat man mir genommen. Und
ich habe das Kleinod meines Geschlechtes hinuntergeschleudert in die Schlucht.
Was kann ich dafiir, daB die Tranen unaufhörlich hinabrinnen auf den kalten
Schnee und auf den harten Stein ? Aus: Fornar Ástir, Reylcjavík 1919.
tlbers. von R. Prinz
Vom islándisclien Studentenleben
von Alexander Jóhannesson
Die islándischen Studenten, die bis 1918 in Kopenhagen studierten, spielten eine
bedeutende politische Rolle im Freiheitskampfe Islands. Auch auf literarischem
Gebiete gingen die islándischen Studenten voran, so mit der Herausgabe der Zeit-
schrift „Fjölnir“ in Kopenhagen (1835), deren wichtigste Mitarbeiter der Dichter
Jónas Hallgrímsson, der spátere Pfarrer Tómas Sæmundsson und der Professor
fiir Altnordisch an der Universitát Kopenhagen Konrád Gíslason waren; es fan-
den sich unter den damaligen Kopenhagener Studenten auch die spáter beriihmt
gewordenen Dichter Þorsteinn Erlingsson, Steingrímur Thorsteinsson, Hannes
Hafstein u. a. Diese jungen Studenten wurden in der Literatur Bahnbrecher des
Realismus ihrer Zeit, und in der Politik haben islándische Studenten zu allen
Zeiten die weitestgehenden Forderungen aufgestellt.
In den Sitzungen des islándischen Studentenvereins in Kopenhagen standen
gewöhnlich Politik und Literatur auf der Tagesordnung. Mit dem Souveránitáts-
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