Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Síða 35
wegs vorwartsgeht, sondern eher zuriick. Die Kultur jener Intellektualisten geht
ihren unerbittlichen Gang, entfernt sich mehr und mehr von den Menschen und
scheut sich nicht, zuletzt ihre eigene Grundlage zu verleugnen: ein körperlich
und seehsch lebenskraftiges Volk. Ethische Begriffe wie Familie, Rehgion, Treue,
Tradition werden zu naiven Illusionen gestempelt, trotzdem eben diese Illusio-
nen es sind, ohne die der Mensch leider nicht leben kann. Es waren denn die In-
tellektualisten selbst, die quer durch alle ihre Entlarvungen ihren eigenen ent-
götterten Sternenhimmel erblicken, wahrend sie das naive Volk ohne jeden Halt
am Wege stehenlassen.
Diese Geistestyrannei seitens einer relativ kleinen Gruppe von Intellektuah-
sten ist es, die Hitler zerbrochen hat. Man mag seine Aktion kulturfeindlich nen-
nen, und insofern stimmt das, als er sich eine weitere Entwicklung dieser Sorte von
„Kultur“ verbetenhat. Hitler verkiindet die Parole: Gemeinnutz geht vor Eigen-
nutz, sowohl in wirtschafthcher wie in sittlicher und intellektueller Beziehung.
Das bedeutet, daB der Intellektuahsmus ausgemerzt werden muB, weil er gesell-
schaftsauflösenden Tendenzen dient, das bedeutet, daB die volksbewahrenden
und familienbewahrenden Werte wieder in ihre Wiirde eingesetzt werden, daB
der Kontakt wiederhergestellt wird zwischen den Kulturfuhrern und dem Ele-
ment, das diese Fiihrer erzeugt — die biologisch lebenstiichtigen Sippen.
Búcheranzeigen
Quðmundur Finriboga&on: Islendingar.
NokkurDrögaðþjóðarlýsingu.386S.
Breykjavík 1933. „Die Islander“ — dies
Buch ist ein Ereignis im geistigen Leben Is-
lands und fiir uns Deutsche von besonderer
Bedeutung. Es ist, bewufit oder unbewuBt,
der Volksidee entsprungen, wie sie heute in
Deutschland alles Fiihlen und Denken be-
stimmt. Von ihrer Auswirkung erwarten wir
im Bereich der neu sich entwickelnden Volks-
wissenschaf t vor allem anderen eines: ein Bild
des deutschen Volkes als Lebenseinlieit und
Lebensganzheit, erforscht und gestaltet aus
den Gesetzen seines Blutes, seines Bodens,
seiner Seele, seines Geistes. Diese einmalige
Gestalt seines islandischen Volkes erstehen
zu lassen, schwebt G. E. als letztes Ziel seiner
Arbeit vor. Sein Buch ist der erste groB-
angelegte Versucli dieser Art. Es gelangt noch
nicht zum Ziel, es will nur „einige Ziige“ bloB-
legen. Entscheidend aber ist, daB dieses Be-
diirfnis und diese Aufgabe iiberhaupt emp-
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funden worden sind und daB der Verfasser
eine Beihe von Bausteinen gebrochen und ge-
setzt hat, zwischen und iiber denen das Werk
einmal weiter zur Vollendung gefiihrt werden
kann. Die grundlegende Voraussetzung fiir
ein solehes Werk ist ja die Eahigkeit der Er-
kenntnis und der richtigen Einschatzung der
geschichtsbildenden Bedingungen und Kráf te
im Dasein eines Volkes. t)bcr Einzelfragen
der Arbeitsweise, die dariiber hinaus auftau-
chen, kann man verschiedener Meinung sein.
Die Bedingungen und Krafte, die G. F. in
dem Buch seinem Volkc als gefiigeschaffende
zueignet, sind angedeutet in den Kapitel-
iiberschriften: Die Herkunft der Islánder
(Rasse) / Die Siedler / Die Staatsform / Welt-
anschauung und Glaube / Die Zwischenwel-
ten / Die Spracho / Die Sagas / Die Dichtung /
Kunsthandwerk und Spiel / Das Land / Die
Tiere / Beschreibungen von Personen / Be-
schreibungen des Volkes. Sofort fallt auf,
welch breiten Baum dio Sprachkultur ein-
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