Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1934, Síða 36
nimmt, wieuberhauptvordergeistigenKultur
das Politische und Wirtschaftliche zurucktritt.
Hier werden Ergánzungen notwendig sein.
Der Verfasser geht bei seinen Untersuchun-
gen durchweg von auBen nach innen, vom
Werk auf seincn menschlichen Untergrund,
von derErscheinungsreihe auf das Gesetz. Da-
durch wird das Buch zu einer Quellensamm-
lung ersten llanges und schon aus diesem
Grunde in Zukunft unentbehrlich fiir jeden,
der sich mit islándischen Dingen bescháftigt.
Am deutlichsten wird das in den beiden Ka-
piteln iiber Personen- und Volksbeschreibun-
gen. Das erste bringt die Ergebnisse einer
Untersuchung von Aussagen in Lebens-
besehreibungen und Personenverzeichnissen
iiber 1000 Landráte (sýslumenn) und Pfarrer.
Das zweite eine áuBerst aufschluBreiche Zu-
sammenstellung von Zeugnissen iiber die Is-
lánder von Adam von Bremen bis in die Ge-
genwart. Uberdie Ergebnisse der eigentlichen
Untersuchung hinaus gibt G. F. jeweils eine
eigenc selbstándigo Beurteilung und Dar-
stellung.
Ðie einzelnen Ertráge des Buches lassen
sich nicht einfach aufzáhlen. In den Kapiteln
iiber die Spraehe und die Dichtung reitet der
Islánder auch hier sein bestes und liebstes
Pferd. Hervorzuheben ist hier, daB der Ver-
fasser den rímur eine ergiebige Betrachtung
widmet und ihre Stellung und Bedeutung in
der islándischen Sprachkunst neuartig wiir-
digt und stark herausstreicht. In den ganz
eigenen und wunderbar urtiimlichen Bezie-
hungen zwischen Mensch und Boden und
zwischen Mensch und Tier auf Island enthiillt
sich fiir den Nichtislander eines der greif-
barsten Lebenselemente des islándisohen Da-
seins. Entscheidende Abschnitte des Buches
und gerade in der geistigen Auseinander-
setzung unserer Zeit auBerordentlich bedeut-
sam und anziehend sind die iiberWeltanschau-
ung, Glauben und Wesensgesetze der Islán-
der. So schliefit der Verfasser sein Buch auch
mit einem zusammenfassenden Ilinweis auf
den alles andere bestimmenden Wesenszug
des Islánders, aus dem am deutlichsten seine
Leistung wie sein durch die Verháltnisse
eines kleinen Inselvolkes menschlich schweres
Schicksal entspringt: die Herrenart (stórlæti).
Aus dem BewuBtsein, die Lebensgesetze
eines nicht nur völkisch scharf geprágten,
sondern auch bevorzugten Volkes zu deuten,
hat das Buch seinen Unterton von Stolz
und Selbstgefiihl und seinen unerschiitter-
lichen Glauben an die Zukunft der im islán-
dischen Volk enthaltenen Möglichkeiten und
Kráfte. Der Stil des Buches ist echt islándisch
klares und durchsichtiges Sprachgefuge, in
dem auch dio schweren Dinge scharf und deut-
lich umrissen erscheinenen. Sagaerbe.
Dr. Guðmundur Finnbogason, Leiter der
islándischen Landesbucherei, hat aus seiner
ungemeinen schriftstellerischen Ruhrigkoit
undseinerumfassendenGeistigkeitmitdiesem
Buch ein Werk begonnen, dessen tiefste Be-
deutung fur unser Empfinden uber das nur-
islándische Interesse hinaus in derVerbunden-
heit mit dem neuen Geiste unserer Zeit Hegt.
Das Buch ist von Anfang bis Ende ein bei-
spielhaftes Zeugnis fur die völkische Bedingt-
heit aller schöpferischen Kultur. Es ist ein
Beginn, der hoffentlich noch einmal hinfuhrt
zu einer in allen Teilen uber die Form der
Untersuchung, úber Zeugnisreihen und Ta-
bellen erhobenen Gesamtschau der islándi-
schen Volksgestalt. Es liegt hier eine der allen
Völkern gestellten Aufgaben, fiir deren Lö-
sung aber wie in so manchen anderen Fállen
gerade die gleichzeitige Begrenztheit und
Plastik der islándisehen Verháltnisse ganz
besonders gúnstige Voraussetzungen bietet.
Es kann, wie gesagt, keiner an diesem Buch
vorbei, der sich mit Island befaBt. Das be-
deutet, daB das Buch úbersetzt werdcnmtiBte.
Abschnitte daraus werden wir in Úbersetzung
in der Zeitschrift bringen. It. P.
Islenzk fomrit. II bindi. Egils saga
Skallagrímssonar. Sigurður Nordal gaf
út. Hið íslenzka Fornritafjelag. Reykjavík
1933.
Laxdœla saga, Halldórs pœttir Snorrasonar,
Stúfspáttur. Einar Ól. Sveinsson gaf út.
HiðíslenzkaFornritafjoIag.Reykjavíkl934.
Von der neuen islándischen Ausgabe der Sa-
gas liegen jetzt diese beiden-Bánde vor. Sie
beweisen, daB hier dorPlanderlslánderWirk-
lichkeit wird, eine Standardausgabe des alt-
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