Gripla - 20.12.2005, Page 86
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standteil dieses heilsgeschichtlichen Rahmens darstellt und zugleich die Ge-
richtssituation weltlicher Rechtsprechung in der des Jüngsten Gerichtes spie-
gelt.
Diese Doppelheit hat ihre Entsprechung in der in der Handschrift fol-
genden Kombination der beiden kodifizierten Rechte, des weltlichen (Jóns-
bók) und des kirchlichen (Kristinréttr Árna biskups einschließlich Kristinna
laga fláttr). Jedes der beiden beginnt mit einer Illumination, die einen König
resp. einen Bischof darstellt. Die erste, ganzseitige Illumination zeigt einen
König, der auf einem Thron sitzt.10 Überspannt wird er von einem gotischen
Bogen, in dessen Zwickeln sich zwei kreisförmige Elemente befinden: links
eine angedeutete Rosette, rechts eine kleine T-O-Karte als Weltsymbol.11 In
der linken Hand hält der König einen Speer und in der rechten Hand eine Axt,
die ihn zusammen mit der Glorie als Hl. Olaf ausweist. Die Illumination des
Bischofs ist kleiner (spaltengroß), auch er ist auf einem Thron sitzend dar-
gestellt, eine insgesamt bezüglich des Bildaufbaus und der Stellung im Text
deutliche Parallele zur vorigen Illumination.12 Selma Jónsdóttir zufolge
handelt es sich um den Hl. fiorlákr.13 Die korrespondierende Stuktur der Il-
luminationen visualisiert den wechselseitigen Bezug der beiden solchermaßen
eingeleiteten Rechte und gemahnt an die Zwei-Schwerter-Lehre des Gervasius
bzw. verwandte Ideologeme.14
Mit diesen Illuminationen lassen sich zudem zwei Textpassagen in Be-
ziehung setzen, die jeweils Berufungen auf Gott und Heilige darstellen:
fla hofum uer flo | flessa bok latit rita [er uer sendum | Ìdr med herra
íoní laugmanní (Hs. laugmanné) epter | slikum hÃttí sem hun uottar.] a
treÌs|tandi a uars herra iesu christi miskunn | ok a arnadar ord hinnar
heilugo | marie ok híns helga olafs konungs. ok | fleirra hínnu skyn-
saumuztu manna til lπgo | er ihía oss uaru (Arnarbælisbók 6vb5-13).15
10 Abb. in Fett 1911/12:187; Halldór Hermannsson 1935: Tafel 4c, auch bei Simek 1990:120.
11 Vgl. Simek 1990:117-120. Die Kolorierung dieser Mappa mundi ist uneindeutig und
vielleicht als Zoneneinteilung zu verstehen.
12 Vgl. dazu Selma Jónsdóttir 1970:111-114. — Abb. in Halldór Hermannsson 1935: Tafel 58b;
Jón Helgason 1958: Tafel nach S. 60; Selma Jónsdóttir 1970: Tafel nach S. 112.
13 Selma Jónsdóttir 1970:114.
14 Vgl. auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Konungs skuggsjá:12333-12412, 1265-19
und 12631-40.
15 Bréf Magnús Konungs, vgl. Jónsbók ed. Ólafur Halldórsson:21-5. Das Bréf endet wiederum mit
einem Bezug auf Christus: fínz ok nockut nÌtsamlígt í. flockum flat allir iesu christo. | hans
nafn se lofat utan enda (Arnarbælisbók 7va7-9) (vgl. Jónsbók ed. Ólafur Halldórsson:410 f.).