Gripla - 20.12.2005, Síða 89
RECHT UND HEIL 87
Das bereits zitierte Explicit schließt den Bogen der religiösen Einbettung der
Gesetze ab. Mithin läßt sich konstatieren, daß die Arnarbælisbók die eigent-
lichen Texte der Jónsbók und des Christenrechtes in einen Rahmen stellt, der
seinen Schwerpunkt in der besprochenen Einleitung (4v-5v) hat. Dieser
Rahmen greift seinerseits Aussagen des Jónsbók-Textes auf, die jedoch mit
neuen Texten und Illuminationen verbunden und so zu größerer Ein-
drücklichkeit gebracht werden, und zugleich faßt er gerade die zeitliche Per-
spektive weiter – vom Anbeginn der Zeiten bis zum letzten Tag. Das Recht
wird auf Gott zurückgeführt, die Rolle des Rechtes im Heilsplan wird auf-
gezeigt, und sowohl die weltliche als auch die geistliche Herrschaftsgewalt
werden religiös legitimiert.
II.2 Evangelienperikope und Gebet
Während der Abschnitt über die Mosaische Gesetzgebung und derjenige über
die Wunderzeichen vor dem Jüngsten Gericht sich relativ glatt in den oben
skizzierten Kompilationsplan einfügen, bedarf das auf die Evangelienperikope
folgende Gebet Protector in te sperantium (4vb) einer genaueren Erläuterung:
{oratio} | Protector ínte sperantíum de|us. sine quo níchil est uali|dum
nichil sanctum multiplí|ca super nos mísericordiam tu|am. ut te rectore
te duce sic t|ranseamus per bona temporali|a ut non amíttamus eterna.
| Per christum dominum nostrum. Amen. (Arnarbælisbók 4vb6-14).22
Es handelt sich um ein recht häufig anzutreffendes Gebet, das u.a. als Oratio
in der Messe Verwendung findet (Dominica infra Octavam Sacratissimi
Cordis Jesu, tertia post Pentecosten).23 Der Text der Perikope Io 1,1-14 ist in
dem Fragment eines Missale aus dem 14. Jh. erhalten (AM 733 4°), welches
allerdings auch genau mit der Perikope abbricht, so daß keine weiteren Aus-
sagen hinsichtlich eines sich anschließenden Gebetes aus dem Fragment abzu-
leiten sind (s.o. Fußnote 4).24 Gleichwohl wird dort ursprünglich kaum das
22 Jón Sigur›sson liest irrtümlich „Protector vite sperantium“ (DI Bd. 1:129).
23 Vgl. Corpvs Orationvm Nr. 4745, Bd. 7:211 f. sowie Bruylants 1952, Bd. 1:57 und Bd.
2:260, Nr. 911.
24 Die Handschrift AM 733 4to umfaßt nur noch 6 Bll., die Perikope Io 1,1-14 steht auf 6vb. Sie
beginnt mit einem Kalender (Bll. 1-3), dem die Missa de spiritu sancto, die Missa de sancta