Gripla - 20.12.2005, Page 98
GRIPLA96
unbeschrieben bleiben sollte.42 Das Kalendarium wäre dieser Theorie zufolge
für die sechs Seiten 1v-4r vorgesehen gewesen.
Kalendarien stehen nicht nur typischerweise zu Beginn von z.B. Gebet-
und Stundenbüchern. Vielmehr finden sie sich auch in Gesetzeshandschriften
wie in den drei in die erste Hälfte des 14. Jh.s datierten norwegischen Kodices
GKS 3260 4to, Sth perg 4to nr. 28 und nr. 30.
In GKS 3260 4to folgt ein Kalendarium für Island auf die Gulaflingslög,
das Stadtrecht von Bergen sowie ein paar kurze Bestimmungen und bildet das
Ende der Handschrift (Bll. 59r-61v). In den beiden Stockholmer Kodices steht
das Kalendarium jeweils zu Beginn der Handschrift und ist in beiden Fällen
von anderer Hand geschrieben.43
III.1.4 Moses und die Zehn Gebote
Abgesehen von enzyklopädischen Handschriften, die Moses kurz erwähnen
(AM 685 d 4to, 31v, 15. Jh.) oder die Gesetzgebung auf dem Sinai schildern
(AM 194 8vo, ca. 1400),44 beziehen sich nachvollziehbarerweise auch Rechts-
handschriften auf Moses und die Zehn Gebote. In AM 133 4to (14. Jh.) ist in
einem Jónsbók-Kodex ein Blatt vorgebunden, welches die Zehn Gebote auf
lateinisch und Erläuterungen auf isländisch bietet (in einer Hand des 15. Jh.s,
der Text bricht mit dem 3. Gebot ab). In der Arnarbælisbók werden im zwei-
ten Teil der Mosaischen Gesetzgebung lediglich die Bereiche zusammenge-
faßt, für welche Moses gesetzliche Regelungen schafft, nicht die Gesetze
selbst (wie in der Stjórn), was sich als eine direkte Hinleitung auf die realen
Gesetze der Jónsbók verstehen läßt.
Auf Moses nehmen auch Einleitungen kontinentalskandinavischer
Rechtshandschriften Bezug wie die Præfatio des Upplandslagen:
42 Ein Kalender wäre selbst dann eine Möglichkeit, wenn man von der Überlegung ausginge,
daß auch die erste Lage ursprünglich ein Quarternio gewesen sein könnte, dem aber zwei
noch unbeschriebene Doppelblätter wieder entnommen worden wären.
43 Ein späteres isländisches Beispiel stellt die auf 1616 zu datierende Rechtshandschrift Sth
perg fol nr 10 dar. Sie beginnt mit einem Kalendarium (Bll. 1-3), es folgt die Jónsbók (Bll. 4-
49).
44 21r4-12 fietta ero kπlluth bodord .moyses. er gud b|aud honum Ñ fialli flí er syna heiter ok
mælti sva vid hann [...], es folgen die zehn Gebote in Kurzform. – In AM 310 4to (ca. 1250-
1275) stehen nach der Ólafs saga Tryggvasonar auf dem letzten Blatt zwei Texte in einer
anderen Hand: fiessi ero tíu laga or› gu›s und fiessi ero tio vndr fl√ vrflo a egipta landi.