Gripla - 20.12.2005, Qupperneq 102
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zu helfe alle gute lute, die rechtes geren, ab in eine rede beiegent, die
min tummir sin vermiden habe unde da diz buchelin nicht abe en
spreche, daz sie ez bescheiden nach irme sinne, so si ez rechtest wis-
sen. Von rechte en sal nimande wisen lib noch leit, noch zorn noch
gabe. Got ist selber recht. Dar umme ist im recht lip. Dar umme sen se
sich vor all, den gerichte von gotishalben bevolen si, daz si also richt-
en, daz gotis zorn unde sin gerichte genedicliche obir se gen muze.
(Sachsenspiegel:28)53
Genau wie in der Arnarbælisbók stellt der Sachsenspiegel das Recht in einen
heilsgeschichtlichen Rahmen, der sich von der Erschaffung der Welt bis zu
ihrem Untergang spannt. Der Textus Prologi hält fest:
Got, der da iz begin unde ende allir dinge, der machte zuerst himel
unde erde unde machte den menschen uf ertriche unde satzte in in daz
paradis. Der brach den gehorsam uns allen zu schaden. Darumme
ginge wir erre alse die hertelosen schaf biz an die zit, daz uns got
erloste mit siner martere. Nu abir wir bekart sin unde uns got wider
geladen hat, nu halde wir sine e unde sin gebot, daz uns sine wisagen
gelart haben unde gute geistliche lute unde ouch kristene koninge gesat
haben, Constantin unde Karl [...] (Sachsenspiegel:28)54
53 „Die Liebe des Heiligen Geistes stärke meinen Verstand, daß ich den Sachsen Recht und
Unrecht bestimme gemäß der Gnade Gottes und gemäß dem Nutzen für die Welt. Das kann
ich nicht allein leisten, deshalb bitte ich alle integren Leute, die nach Recht streben, um Hilfe,
daß, wenn ihnen eine Rechtsfrage begegnet, die mein schwacher Geist ausgelassen hat und
dieses Büchlein nicht behandelt, daß diese gemäß ihrer Einsicht entscheiden, wie sie
meinen, daß es am rechtesten sei. Weder durch Liebe noch Angst, weder durch Zorn noch
Geschenke soll sich jemand vom Recht abbringen lassen. Gott ist selber Recht, darum ist ihm
Recht lieb. Deshalb sollen sich alle diejenigen, denen von Gott das Gericht anbefohlen ist,
vorsehen, daß sie so richten, daß Gottes Zorn und sein Gericht gnädig über sie ergehen
möge.“
54 „Gott, der da ist Anfang und Ende aller Dinge, der schuf zuerst Himmel und Erde und schuf
den Menschen auf der Erde und setzte ihn in das Paradies. Der brach den Gehorsam, uns
allen zum Schaden. Deshalb irrten wir umher wie die hirtenlosen Schafe bis zu der Zeit, als
uns Gott durch seine Marter erlöste. Nun aber, da wir bekehrt sind und Gott uns wieder (zu
sich) geladen hat, nun halten wir sein Gesetz und sein Gebot, das uns seine Propheten gelehrt
haben und fromme geistliche Leute und das auch christliche Könige gesetzt haben,
Konstantin und Karl [...].“