Gripla - 20.12.2005, Page 105
RECHT UND HEIL 103
lage für eine Gruppe von sechs höchstwahrscheinlich im Reynista›ur-Kon-
vent angefertigten Antependien sei, wird von Peter Foote dahingehend rela-
tiviert, daß ein von den jeweiligen Ausführenden gemeinsam benutztes
Musterbuch eine mindestens ebenso wahrscheinliche Erklärung sei.62 Nach
der Illumination beginnt in AM 344 fol die Jónsbók, gefolgt von Gesetzes-
novellen und dem Kristinréttr Árna biskups, in AM 48 8vo schließt sich direkt
der Kristinréttr an, von der Jónsbók enthält die Handschrift lediglich Auszüge.
IV.2 AM 132 4to
Die Handschrift AM 132 4to (ca. 1450), ebenfalls eine Jónsbók-Handschrift,
begann ursprünglich mit einer noch deutlich erkennbaren Illumination des Hl.
Olaf, die aber später getilgt worden ist (1r). In der linken Hand hält er eine
langstielige Axt, in der rechten einen Stab mit Kreuz. Links befindet sich
zudem in Schulterhöhe eine schematische Mappa mundi in Form einer ge-
osteten T-O-Karte. Nach der Jónsbók, dem Kristinréttr Árna biskups und klei-
neren Artikeln kirchlicher Gesetzgebung, einigen Formularen und Gesetzes-
novellen endet der Kodex mit einem Einzelblatt, das die Johannesevangelien-
Perikope enthält (70r).
IV.3 Fazit
Die Handschriften AM 344 fol and AM 48 8vo weisen zwar keine so aus-
führliche Einleitung auf wie die Arnarbælisbók. Dennoch darf man es für
höchstwahrscheinlich halten, daß der Grundgedanke hinter der Vorschaltung
der Evangelienperikope vor das rechtliche Material derselbe ist, dem die
elaborierte Einleitung der Arnarbælisbók entwachsen ist: die Gesetze in einen
übergeordneten Rahmen zu stellen, die Repräsentativität des Kodex zu er-
höhen, die weltliche Gewalt und das weltliche Recht religiös zu legitimieren
und unter ebendiesem Verweis auf den göttlichen Ursprung des Rechtes die
Akzeptanz der gottgewollten Ordnung und die Befolgung der Gesetze ein-
zufordern. Der geistesgeschichtliche Kontext schlägt sich somit in einem
62 Selma Jónsdóttir 1964, bes. 136-137; Foote 1990:52 f. – Foote weist dort auch Selma Jóns-
dóttirs später geäußerte These zurück, daß die Kreuzigungsszenen in AM 344 fol und AM 48
8vo direkt oder indirekt auf die entsprechende Darstellung in AM 249 e fol zurückgehen, die
einen Kalender enthält.