Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1925, Page 34
Keiner von den Dánen, mit denen ich sonst sprach, konnte dieDinge so ruhig ansehen.
Er láchelte gutmiitig iiber die Prahlerei der Eiderdánenpartei und die Torheiten der
,,Jungskandinaven'\ Er hat einen praktischen, den Dingen auf den Grund gehenden
Sinn. Nichts kann ihn so aufier Fassung bringen, als wenn er mit Leuten zu reden
hat, bei denen der Wunsch der Vater des Gedankens ist.“
Wir haben hier nicht darauf einzugehen, welche Anschauungen der Verf. persönlich
úber Deutsche und Dánen, úber Heldentum und Ehre hat, auch die politischen Vor-
aussetzungen im einzelnen kommen nicht in Frage: es sollte nur ein kleiner Beitrag zur
Charakteristik Thomsens gegeben werden.
VII. MITTEILUNGrEN
1. Kleinigkeiten aus der Normandie. Zu dem Aufsatz im vorigen Heft teilt J ón Svensson
noch mit: Es ist merkwúrdig, wie die Nachkommen der alten Normannen in der Nor-
mandie heute noch das Französische anders aussprechen als die úbrigen Franzosen und
zwar mit vielen Hauchlauten, die sonst in der französischen Sprache unbekannt sind.
Das Bauernvolk auf dem Lande haucht viele Silben ganz wie in der islándischen Sprache,
z. B. die Aspiraten in hreinn, hlaupa, hnoss usw.
2. Der Thórisdalur im Langjökull wurde Ende September 1924 von Haukur Eyjólfsson
und mehreren anderen islándischen Bauern vom Hofe Húsafell (nördlich des Ok) aus
besucht; sie úberstiegen vom Kaldidalur, entlang dem Fufle des Hádegisfell, die ver-
schneite Bergschwelle, die den Thórisdalur im Westen abschlieflt und vom Kaldidalur
trennt. Im Thórisdalur fanden sie, was besonders bemerkenswert ist, etwas Gras und
sonstigen Pflanzenwuchs bei lauwarmen Quellen, die bisher, aufler nach den Angabcn
in der Grettissaga Kap. 61, unbekannt waren. Ein ausfúhrlicher Bericht erschien in
dem islándischen Wochenblatt Lögrjetta, Jahrg. 19, Nr. 58—61, vom 4.—25. November
1924. Zuletzt wurde das berúhmte Tal von Ludwig Wunder im Jahre 1909 untersucht,
der darúber in Petermanns Geographischen Mitteilungen, 1910, Bd. 2, H. 3, S. 123—126
(mit Karte) berichtete. Von Wunder úbernahm die Sammlung Thule, Bd. 5 (Die Ge-
schichte von dem starken Grettir, dem Geáchteten), zwei Abbildungen, von denen je-
doch die erste, S. XVIII, insofern irrtúmlich ist, als sie nicht den wirklichen Thórisdalur
darstellt, sondern ein anderes Tal, das súdlich des Langjökull nahe den Bergen Hrúður-
karlar liegt, und das man fruher fálschlich fúr den aus der Grettissaga bekannten Thóris-
dalur hielt. Die zweite Abbildung, S. 168, zeigt zwar den richtigen Thórisdalur, doch
nur den Teil östlich der von Norden in das Kesseltal vorspringenden Höhe Thórishöfði.
Zum westlichen Teile des Tales ist Wunder seinerzeit leider nicht gekommen; diesen
Teil des Thórisdalur hat Haukur Eyjólfsson mit seinen Gefáhrten besonders durch-
forscht.
3. Die islandische Krone, die vor dem Kriege mit 1,12% Mk. der dánischen, norwegischen
und schwedischen Krone gleich bewertet wurde, sank im Sommer 1924 auf ungefáhr
50 Pfg. Seitdem hat sie sich langsam erholt und steht jeizt auf rund 90 Pfg. Bei Berech-
nung der Kosten einer Islandreise (vgl. Jahrg. XII, S. 43) ist es wichtig, den Stand der
Krone zu berúcksichtigen.
4. Giacomo Lcopardi, der groBe italienische Schriftsteller des Pessimismus (1798—1837),
verfaflte, was die Islandfreunde interessieren mag, um 1833 ein „Zwiegesprách der Natur
mit einem Islánder" (Dialogo della Natura e di un Islandese). Paul Heyse hat das von
einer stark pessimistischen Weltanschauung getragene Gesprách in seinem Buche „G.
Leopardi", Berlin 1878, ins Deutsche úbersetzt. Heyse selbst schrieb, wie Prof. Herr-
mann, Jahrg. IX der „Mitt.", S. 2, bereits erwáhnte, ein Gedicht „Die islándische Sage
von der schönen Solveig".
5. Bei Akureyri und zwar zu Kristnes wird eine Lungenheilanstalt fur das Nordland
errichtet, áhnlich wie eine solche seit 1910 zu Vlfilsstaðir zwischen Reykjavlk und
Hafnarfjörður besteht, Das neue Sanatorium soll fur Báder und Heizung die natúr-
lichen warmen Quellen bei Kristnes benutzen.
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