Læknablaðið - 01.01.1940, Qupperneq 26
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LÆKNAB LAÐIÐ
der Zivilisation, in einer wesent-
lichen Lehensverlángerung der Eu-
ropáischen Bevölkerung in.den let-
zten Jahrzehnten, wáhrend die „in-
stinktgemássen“ lebenden Natur-
völker nach wie vor von Seuchen
und anderen Krankheiten dahinge-
rafft werden und trotz grosser Ge-
burtenzahl sich kaum vermehren.
Nach B.’s Theorie dfirfte es aber
bei diesen Völkern, abgesehen von
gewaltsammen Tode, nur den Tod
an Altersschwáche geben; denn
ihnen hilft ja in jedem Falle die
Naturheilkraft. —
Wiirde die Schulmedizin, wie
man nach Herrn B.’s Ausfúhrungen
annehmen músste, der Natur ent-
gegenarlieiten und die Kranken nur
vergiften, dann hátte jeder Staat
die Pflicht, die medizinischen Hoch-
schulen und Kliniken schleunigst zu
schliessen, und die Behandlung nur
nicht-árztlichen sog. Naturbehand-
lern anzuvertrauen, zu denen an-
scheinend auch Herr B. gehört.
Fast alle Staaten sind aber mit
guten Gríinden den umgekehrten
Weg gegangen. Sie haben die Be-
handlung kranker Menschen ledig-
lich den allseitig vorgelúldeten Ar-
zten anvertraut, die alle Heilmög-
lichkeiten ohne Vorurteil anwenden.
So kúrzlich auch Deutschland, trotz
der angeblich nach Millionen 'záh-
lenden Anhángerschaft der Natur-
heilmethode, auf die Herr B. mit
Stolz hinweist. (Die grosse Anhán-
gerzahl einer Lehre beweist be-
kanntlich noch nicht ihre Richtig-
keit). Mit grösserem Stolz kann
Deutschland jedenfalls auf seine
genialen Söhne von Bchring und
Ehrlich hinweisen, deren Entdeck-
ungen-, Sero- und Chemotherapie
ungezáhlte Menschen Leben und
Geseundheit verdanken.
Kein verantwortungsbewusster
Arzt wird auch bei operablem Krebs
die Operation unterlassen, weil viel-
leicht in einem unter Tausenden von
Fállen ein Krebs spontan heilt —
mit und ohne natúrliche Behand-
lungsmethoden. —
Zum Schluss möchte ich noch be-
sonders betonen, dass ich persönlich
den natúrlichen Behandlungsmetho-
den nicht etwa ablehnend gegen-
tiber stehe. Im Gegenteil. Ich habe
sie eingehend studiert, u.A. in einer
mehr als io-jáhrigen Tátigkeit als
Konsiliarius an dem Berliner Uni-
versitáts Institut fúr Naturliche Be-
handlungsweisen, und ich habe sie
stets in ausgedehntem Masse ange-
wendet. Meine kleine Arbeit be-
zweckte u.A., die islándischen Kol-
legen an einige, bisher vielleicht
nicht genúgend beachtete Möglich-
keiten ihrer Anwendung zu erinn-
ern. Ich wende mich lediglich gegen
ihre einseitige Anwendung uncl ge-
gen die prinzipielle, durch Vorein-
genommenheit und Unkenntnis be-
dingte Ablehnung aller anderen be-
wáhrten Mittel. Wie nötig diese
scharfe Trennung ist, zeigt die An-
schauung des Herrn B., die von je-
dem Arzt abgelehnt werden muss.
Félagsprentsmiðjan h.f.