Die Stimme - 01.02.1947, Blaðsíða 11
I) IE STIMME
9
I, 1.
DIE EIVIIGRAIMTEN liMD DEIJTSCHLAMD
Die deutschen Emig'ranten in al-
len Lándern denken an ihre Ruck-
kehr nach Deutschland. Idealist-
tisclie Motive veranlassen sie, ein
im Auslande meist ertrágliches Sein
gegcn ein ungewisses, vielleicht ent-
hehrungsreiches Leben in der Hei-
mat einzutauschen. Sie wollen eben
mithelfen am Wiederaufbau.
Vicle Emigranten der verschie-
denen Konfessionen und Pai’teien
sind jetzt bereits in allen Tcilen
Deutschlands tátig. Diejenigen, die
noch im Auslande weilen, wollen
iiber kurz oder lang die Heimreise
antreten. Ohne Zweifel werden mit
dcr Zeit alle Emigranten in irgend-
eine der vier Zonen riickwandern
können. — In der letzten Zeit zeigen
die Militárbehörden ein erhöhtes
Interesse daran, Emigranten nach
Deutschland in leitendc Stellungen
zuruck zu bekommen.
Der Wunsch der Emigranten,
nach Deulscliland zuruckzukehren,
ist mensclilich verstándlich (Fami-
lienbande, leitende, manchmal gut
bezahlte Stellungen). Ob es politisch
klug ist, kann bezweifelt werden.
Hier soll nicht untersucht werden,
oh es notwendig war, dass vier Sie-
germáchte Deutschland in vier Zo-
nen aufteilen mussten. Hier soll
ebenso wenig versucht werden, den
Okkupationsmáchten unchristliche
Absichten gegenuber dem deutschen
Volke zu unterschieben. Im Gegen-
teil, ich möchte heiworheben, dass
ohne die Okkupation des gesamten
Landes alles Elend in Deutschland
vielfach schlimmer wáre. Trotzdem
dúrfte es nicht schwer fallen zu be-
státigen, dass die Interessen dcr
Okkupationsmáchte und des deut-
schen Volkes nicht úbereinstinnnen.
Die Interessen dcr vier Grossmáclitc
untereinander sind sogar recht cnt-
gegensetzt.
Diese Tatsache maclit Existenz
und Wirksamkcit der zurúckge-
kelirten Emigranten áusserst
schwierig. Ihr Einfluss auf den Gang
der Dinge ist gering und wird, wie
es scheint, mit der Zeit noch ge-
ringer. Gúnstigenfalls liaben sie bei
der Militárbeliörde ihres Distrikts
eine beratende Stinnne, dtirfen
Walilreden halten oder sicli sogar
iiber die Verliáltnisse in ihrer Stadt
kritisch áussern. In jedem Falle
aber sind sie verpflichtet, die Vor-
schriften der Militárs zu befolgen.
Was das heisst, machen sich wohl
wenigc vor ilirer Abreise nach
Deutscliland klar. Selbst Búrger-
meister und Minister von Landes-
regierungen sind lediglich Vollzugs-
beamlc der auswártigen Macht. Ich
meine nicht, dass dies unter den
heutigen Umstánden anders sein
könnte. Aber diese Tatsaclien mús-
sen beleuchtet werden, wenn unter-
sucht werden soll, ob und inwieweit
die Emigranten dem deutschen
Volke von Nutzen sein können. —
Aus Berichten von Rúckwanderern
ergiht sich ein deutliches Bild der
Lage und der Perspektiven. Sofern