Die Stimme - 01.02.1947, Blaðsíða 13
DIE STIMME
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IJL
West- und Ostzonen wáre folgen-
sehwerer als die Beibehaltung der
jetzigen Vierteilung. Es wird also
noch sehr lange dauern,his Deutscli-
land wieder eine verantwortliche
Regierung hekommt — nicht ein-
mal, falls beziiglich Deutschland ein
Friedensvertrag verordnet werden
sollte.
Die Perspektiven fiir das deutsche
Volk sind diister und miissen alle
Deutsclien zum Nachdenken und zur
Stellungnahme veranlassen. Fiir dic
Emigranten darf es nicht genug sein,
in irgendeine Stellung nach Deut-
schland zuruckzukeliren. Damit
gehen sie fur dic Aufgabe der Wie-
derhcrstellung Deutsclilands ver-
loren. Dic jetzt noch im Auslande
lehenden deutschen Emigranten
stellen eine wichlige Reserve des
deutschen Volkes fiir eine Neuge-
staltung seiner Zukunft dar.
Die deutschen Emigranten
aller Lánder solltcn im Auslande
verharren. Sie miissen sich ihren
freien Blick hcwahren. Sie diirfen
selbst aus idealistischen Griinden
nicht zu Dienern irgendeiner der
Grossmáchte zu werden. Sie, als Mit-
glieder verschiedener Parteien und
Konfessionen oder als Intellektuelle
oder jiidische Fliichtlinge, sollten
sich zusammenschliessen. Ich weiss
sehr wohl, dass allc Emigranten in
der Zcit ihres Exils gerade in der
Zusammenarbeit ilire speziellen
“schlecliten Erfahrungen” mit ande-
ren Emigranten gemaclit haben.
Schlechte Erfahrungen enthehen
uns nicht der Verpflichtung, fiir
Deutschland als Einheit politisch
tátig zu sein. Ich meine nicht,
dass wir einen Kampf gegcn die Ok-
kupationsmáchte organisieren soll-
ten. Wir miissen mit ihnen zusam-
menwirken. Nur die Einigkeit der
ausserdeutschen Emigranten unter
sich kann den Alliierten einen Bc-
griff vermitteln von einer Entwick-
lung zum Bessercn innerhalh des
deutschen Volkes. Es kann sogar
sowcit kommen, dass die Emigran-
ten in solclier Einheit von den Gross-
máchten ernstgenommen und re-
spektiert werden.
In diesem Zcilalter der Technik
und nun gar der Atombombe glau-
hen viele Menschen, das sic als ein-
zclnc keinen Einfluss auf dcn Gang
der Weltgeschiehtc hahen. Dies
wirkt sicli sehr nachteilig fur dic
Regierung des Erdballes aus. Iu der
Tat hahen Wort und Handlung des
einzelnen Aveit mchr Einfluss, als
es auf dcn ersten Blick scheinen
will. Es könnte bewiesen werden,
dass dic Mensehen, dic das stárkstc
Selbstvertrauen hesitzen, nach und
nach die grösserc Machtausubung
erlangen. Dies erwálme ich nur, um
die Zweifel der Emigranten an ihr-
cn Wirkungsmöglichkeiten hinzu-
wegzuráumen.
Es gibt keine deutsche Regierung.
Es g'ibt keinen deutschen Staat. Es
gibt keine Instanz, die fur das deut-
sche Volk zustándig ist, lediglich
auslándische leitende Militárs, die
nicht immer deutsch sprechen. Als
bcwaffncte Vertreter ihrer Nationen
haben sic Feindesland zu verwalten
und können daher selbst bei gutem
Willen nicht Anwalt fur das deut-