Die Stimme - 01.02.1947, Blaðsíða 12
10
DIE STIMME
die Emigranten in ihrer Tátigkeit
in Deutschlancl die Befehle der Mili-
tárbehörden ausfuliren, und diese
Befehle fur das Volk Hárten her-
heifuhren, laufen die Emigranten
Gefahr, die Bevölkerung zu ent-
táuschen und den Kontakt mit ilir
zu verlieren. Sie werden sogar Ver-
ráter an ihrem Volke genannt.
Wenn die Emigranten aher ein-
deutig fur das leidende Volk und
damit in einigen Fállen gegen die
Okkupationsbehörden Stellung neh-
mcn, dann erzurnen sie die Militárs
und bussen unter Umstánden ilire
Stellung ein. Immcr aber befinden
die Emigranten sich zwischcn Ham-
mer und Amboss, und ilire Position
ei'weist sich als ungliickselig. Hinzu
kommt nocli. dass die Tátig-
keit nichfaschistischer politischer
Parteien in Deulschland wieder er-
laubt ist. Damit ergibt sich ein wei-
teres Kampffeld, das die Lage der
Zuriickgekehrten keinesfalls cr-
leichtert. Dabci will ich noch die
Behauplung ungepruft lassen, dass
dic Okkupationsmáchte ein Intc-
resc an der Förderung innerdeut-
scher Zwistigkeiten Iiaben.
Hiermit ist die ungluckliche Lage
der Emigranten nocli nicht voll-
stándig beleuchtet. Naeh Deutsch-
land durfen keine auslándischen
Zeitungen und Zeitschriften einge-
fuhrt werden. Nicht einmal die Re-
daktöre der wenigen deutschen Zei-
tungen haben die Möglichkeit, sich
von den Ereignissen in der Well
ein klares Bild zu machen. Man
fragt sich mit Recht, was dur einen
Regriff die Deutschen von Demo-
I, L
kratic und Freilieit bekommen sol-
len. Auch die Emigranten sind da-
mit verurteilt, nacli wenigen Mona-
ten in den typisch deutschen nebu-
losen Geisteszustand herabzusinken,
aus dem heraus keine Initiative ge-
boren werden kann. — Wenig Ge-
legenheit ist fur die Emigranten,
sich mit anderen Genossen inner-
Iialb ihrer Zone zu beraten. Auf
keinen Fall können die in den vier
Zonen politisch Wirksamen Ent-
sclilusse und Zusammenschlusse
fiir ganz Dcutschland zuwegebrin-
gen. Damit ist es fur die jetzt in
Dcutschland lebenden Emigranten
unmöglich, die Wiederherstllung
Deutschlands zu bewerkstelligen.
Es vcrlautet sogar, dass die Okku-
pationsmáchte dic Politiker in iliren
jeweiligen Zonen um Vorschláge fur
die bevorstehende Friedenskonfe-
renz bittcn. Die Gefahr besteht, dass
die Politiker der vier Zonen zum
Nachteile des deutschen Volkes ge-
geneinander ausgespielt werden.
In letzter Zeit wird viel von der
Notwendigkeit gesclirieben, fiir
Deutschland eine Regierung zu bil-
den und das ganze Land einheit-
lich zu verwaltcn. Diese Notwendig-
keit wird kein klarer Mensch be-
zweifeln. Solange Deutschland mili-
tárisch besetzt bleibt, wird es keine
gesamtdeutsche Regierung geben
können. Zwar wáre die nun oft pro-
jizierte Zusammenlegung der eng-
lischen, amerikanischen und fran-
zösischen Zonen eine Erleichterung
fur die Deutschen. Aber die dann
wahrscheinliche Bildung zweier
“deutscber” Regierungen in den