Die Stimme - 01.02.1947, Blaðsíða 16
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DIE STIMME
RM. 1.684.720.000 (iiber anderthalb
Milliarden) fiir die Ernáhrung der
Deutschland aufwingen.
Damit ist auch erwiesen, dass die
Englánder entscldossen sind, die
Okkupation Deutschlands nacli
christlichen Grundsátzen durchzu-
fuhren.
Dennoch bleibt die Tatsache be-
stehen, dass die Deutschen in der
britischen Zone von tausend oder
weniger Kalorien pro Tag leben
miissen. Das heisst, dass die Men-
schen dort, je nacli ihrer körperli-
chen Konstitution, fruher oder spá-
ter den Hungertod sterben miissen
— und zwar trolz der britischen Zu-
scliiisse. Darum erhebt sich mit
Recht die Frage: 'Warum sind die
Zustánde so scliauerlich?
Ich lialte mich nicht fur berecli-
tigt, an dem Verhalten der briti-
schen Militárbehörden Kritik zu
ubén. Aber ich lialte es fiir meinc
Pflicht, diejenigen Fragén auszu-
spreclien, die sicli nachdenkenden
Menschen angesiclits der Not in
Deutschland aufzwingen.
1. In Hamburg wurden die Werft-
anlagen von Blohm & Voss in
die Luft gesprengt. Dadurcli soll
angeblich verliindert werden,
dass die Deutschen wieder auf-
riisten. Ist man an leitender
Stelle der Ansicht, dass Fabrik-
anlagen an sich schleclit sind?
Ich glaube, dass es auf den Geist
der Menschen ankommt. Fried-
liche Menschen werden, selbst
wenn sie Riistungsfabriken be-
sitzen, keine Mordwaffen erzeu-
gen. Anderseits werden waffen-
I, 1.
lose Menschen, wenn sie im
Rechte sind und zur Verzweif-
lung getrieben werden, jederzeit
in der Lage sein, Waffen zu be-
kommen und gewaltige Verbiin-
dete, die ihnen lielfen. Dafiir
gibt es Reispiele aus der jiing-
sten Geschichte. — Ausserdem
diirfen die britisclien Militárbe-
hörden sich nicht wundern, dass
ihre Zone Zuschussgebiet bleibt,
wenn dem Volk unmöglich ge-
machl wird, fur sein Rrot zu ar-
beiten.
2. Im Kieler Hafen wurden dent-
sclie Kriegsschiffe in die Luft
gesprengt. Mobiliar, Hausgeráte,
Werkzeuge und verwendungs-
fáhiges Baumaterial im Werte
von Millionen wurden dort zer-
stört. Ist den Militárbehörden
bekannt, dass gerade diese Ma-
terialien den Deutschen so bit-
ter felilen? Sind die Englánder
bereit, auf Kosten der britischen
Steuerzahler eben diese Mate-
rialien nach Deutschland zu im-
portieren? Erwartet die Militár-
behörde das Verstándnis dcr
Bevölkerung fur solche Mass-
nahmen?
8. In Argentinien sollen tausende
Ton Lebensmittel fiir Deutsch-
land gesammelt worden sein.
Aber den Spendern dort werden
lediglich 150 Ton Schiffsraum
pro Monat zum Transport nach
Deutschland zur Verfugung ge-
stellt. Ist das richtig? Stimmt es,
dass man den Spendern sagt, es
wáre nicht mehr Schiffsraum
vorhanden, wáhrend Dutzende