Die Stimme

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Die Stimme - 01.02.1947, Side 4

Die Stimme - 01.02.1947, Side 4
2 DIE STIMME I, 1. GRUNDLINIEN EINER NEUEN ÐEUTSCHEN POLITIK Niederlagen erleichtern niclit nur Individuen sondern auch Völkern das Werk der Selhstbesinnung. Die Deutschen haben heute Veranlas- sung, den Verlauf ihrer Gescliichte mit kritischen Augen zu betrachten. Zwar beeintráchtigen Hunger und Elend im Verlaufe vieler Monate die Fáhigheit des normalen Den- kens. Trotzdem durfte es genug Mensclien geben, denen das Schiek- sal Deutsclilands am Herzen liegt, und die einen Weg fur die Zukunft suchen. Icli bin nicht der weit verbreite- ten Ansicht, dass ein Einzelner nichts auszurichten vermag. Icii halte das Individuum fur einen ent- scheidenden Faktor in der Politik. AVas so leicht hin und oft veráclit- licli als “Masse” bezeiclinet wird, ist ein Konglomerat von Einzelnen. Sie alle hahen eine Seele und die Fáhigkeit zu reagieren. Auf grossen Meetings offenbart sich gut das Be- durfnis dieser Einzelnen, ihre Le- bensbejahung zu manifestieren. Anonym in einer Masse unterzu- tauchen, verleiht fast allen Men- die vor keinem unserer heutigen Probleme Halt machen. Ilauptauf- gabe dieser Zeitsclirift soll es je- doch sein, die Bahn frei zu machen fur ein ganz neues Handeln in der Politik. Reykjavík, den 1. Januar 1947. Der Herausgeber. schen ein Gefiihl der Geborgenheit. Wir erleben es wieder und wieder, dass ungleichartige Redner die Massen fur reclit verschiedene Ideale begeistern. Die Masse erweist sicli somit als ein passives Element in der Politik. Aktiv ist stets nur eine Minderheit. Auf die Menschen als Individuen kommt es dalier an. Der einzelne ist nicht einflusslos. In der Geschicli- te liat er sicli innner wieder als Initiator neuer Epochen erwiesen. Aher selbst grosse Fúhrerpersön- lichkeiten hal)en sicli auf Millionen- armeen, Vasallen, Parlamentsman- date gestútzt, ohne die sie an eine lange Dauer ihrer Ilerrschaft nicht glauben wollten. Gandhi ist eine der wenigen Ausnalnnen. Der ver- hángnisvolle Glauhe an die Not- wendigkeit der áusseren Gewalt hal der Menschheit viele Kriege und Nöte verursacht. Dies ist angesichts der cliristlichen Lehre, zu der cin grosser Teil der Menschheit sich seil fast zweitausend Jahren bekennt, schwer begreiflicli. Nocli hat die Lehre Christs irh Ziel nicht er- reiclit. Der Zustand weitgehender Zer- störung Deutschlands und die sich ausbreitende Iloffnungslosigkeit seiner Bevölkerung schaffen, auch international gesehen, eine gefahr- volle Lage. Das gut hewaffnete aus- lándische Militár wird gegen ein neues nationalistisclies Terrorregi-

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