Mitteilungen der Islandfreunde - 01.01.1921, Blaðsíða 11
1826 erschien der Roman „Die Saga von dem Gunnlaugur, genaunt
Drachenzunge uud Rafn dem Skaldeu. Eine Islandskunde des eilften J ahr-
hunderts. In drey Biichern wiedererzáhlt von E. M. Fouqué. Wien 1826“
(vgl. Thule IX). Er war der Islándischen Eiteratur-Gesellschaft gewidmet,
Und deren Obrnann Finnur Magnússon dankte dem Dichter in 15 Strophen,
ÍQ tadellosem Deutsch: „Thules GruB an Friedrich Freiherrn von la Motte
Fouqué“ (die erste Strophe ist abgedruckt bei Poestion, Islándische Dichter
der Neuzeit. 1897, 22).
So dankeuswert fiir die damalige Zeit Fouqués Kenntnisse des altuordi-
schen Schrifttums und seine Bestrebungen sind, so verschwommen, nebel-
baft, ja geradezu falsch ist,*was der romantische weltfremde Dichter von
Islands Natur berichtet, und bis auf den heutigen Tag hat sich ja die Vor-
stellung festgesetzt, daB auf Island alles „schauerlich“, „groBartig", „lebens-
gefáhrlich" ist. Es ist auch bezeichneud, daB von den realistischen Islánder-
geschichten (Thule III—XIII) gerade der ritterliche Eiebesroman auf nor-
disch-historischem Hintergrunde, die Gunnlaugssaga Ormstungu zuerst,
und wie sich spáter zeigen wird, zumeist die Aufmerksamkeit auf sich ge-
2ogen hat. Die meisten Bearbeitungen haben dann die Eaxdoela- und
Grettissaga aus demselben Grunde gefuuden. Fur das Verstándnis der
eigentlichen Bauerngeschichten, deren Gestalten Krieger und Bauern,
Helden' und Alltagsmenschen zugleich sind, waren Dichter und Publikum
úaiuals noch nicht reif und scheinen es auch heute erst allináhlich zu werdeu.
■Siu Fortschritt war immerhin, daB man nicht mehr an dem romantischen
Stoffe des Nordens vollkommenes Genuge fand, sondern nach Verinner-
lichung durch einen bedeutenden Eeitgedanken strebte (Puschnig, Die
Ragnar Eodbrokssage in der deutschen Eiteratur. Programm der k. k.
Staats-Oberrealschule in Eaibach. 1910, 34).
Zunáchst freilich, bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts hinein
haben die Dichter, von Freiligralh an, der bei dem Tee von islándi-
Schem Moos, den er als Sechzehnjáhriger trinken muB, anGeysir undHekla
henkt, bis herab zu Friedrich Wilhelm Weber von Islands wahrer Natur
haum mehr gewuBt, als was man damals in der Schule lernte, und was
íeder halbwegs Gebildete damals wuBte (F. Kuntze, Grenzboten 1905, 273):
man hatte verworrene Kunde von Gletschern und Eavafeldern, von der
euicn ich selbst besitze (vgl. auch Steingrímur Thorsteinsson, Skírnir 1905, 332; Hall-
'JórHcrrnannsson, Catalogue 164). Bjarni Thorarensen liat 7 Strophen (Kvaeöi, 2. Aufl.
) und im AnschluB an ihn Stgr. 14 Strophen ubersetzt (Skírnir 1905, 332—339).
cn selbst habe den „Skaldengrufl" in der Unterhaltungsbeilage der „Tagliclien Rund-
schau" mit erklarenden Anmerkungen herausgegeben (27. Juni 1907, Nr. 148). Fouqués
eröffentlichung dieses Gedichtes im schleswigschen Taschenbuche „Eidora" fiir das
Jahr 1823 kenne ich nicht (Poestion, Allgemcines Literaturblatt XVII, 215).
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