Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1931, Blaðsíða 6
Tonhöhe schwankt manchmal betráchtlich (zufállig) sowohl bei der Mutter
wie bei dem Sohne. AnschlieJ3end singt dann der Vater, Indriði Indriðason,
aus Skagafjörður stammend, 68 Jahre alt, eine Melodie, die eine Zwie-
gesangsmelodie sein soll, wobei die Begleitstimme feblt. Es scheint sich
dabei um einen vielleicht nicht artechten Choral zu handeln. Er fángt
dann noch ein áhnliches Zwiegesangslied an, das aber jáh durch einen
Fehler oder vorzeitigen AbschluB der Rolle unterbrochen wird. Auf Rolle 37
fángt er dasselbe Ried nochmal an, unterbricht sich wieder, murmelt etwas,
um das L,ied dann vollstándig zu singen. Wahrscheinlich verláfit ihn das
Gedáchtnis und wahrscheinlich ist es auch das letztemal nicht vollstándig.
Nachtráglich ist bei den Aufzeichnungen vermerkt, daB es zweimal ge-
sungen werden soll. Inwieweit es sich dabei um eine Zwiegesangs-Úber-
lieferung handelt, will ich nicht entscheiden. Man muB sich die Begleit-
stimme dazu denken. Oder vielleicht ist diese Melodie die Begleitstimme
selbst, die durch einen Oktav-Sprung „hochgeht" ? Es folgt dann ein
Zwiegesang, gesungen von den beiden Söhnen Kristinn und Sigvaldi. Der
Zwiegesang ist in der erwáhnten Arbeit von Hornbostel auf Seite 312 als
Phonogramm 37 b aufgezeichnet. Die Melodie erklingt zweimal; das erste-
mal singen die Briider nur den Text der ersten zwei Verszeilen, tun die
restlichen zwei Textzeilen erst bei der Wiederholung der Melodie zu bringen.
Die Wiederholung der Melodie kommt unsicher heraus; der eine Bruder
spricht dazwischen usw., aber man lieB mich vermerken, daB es bei dem
erstenmal, d. h. der ersten Hálfte des Verses, richtig erklang. Zum SchluB
der Rolle 37 singt ein Arbeiter des Hofes, Búi Oddson, zweimal eine Reim-
weise in absoluter volkstiimlicher Urspriinglichkeit. Diese Art láBt sich
allerdings schwer als Notenbild festhalten. Eeicht kann man hier regel-
máBig wiederkehrende Zwischentöne erkennen. Zu Anfang der Rolle 38
singt derselbe noch eine Reimweise, die aber offenbar in tonaler Hinsicht
fremd vom auslándischen EinfluB ubernommen wurde. Als zweites Died
dieser Rolle erklingt eine Reimweise, gesungen von Kristinn Indriðason,
eine artechte Weise. Dann singen die beiden Bruder nochmal denselben
Zwiegesang wie auf der vorigen Rolle und anschlieBend ein weiteres Zwie-
gesangslied, bei Hornbostel vermerkt als Phonogramm 38 b und 38 c.
Hierzu muB ich bemerken, daB die Brúder im Zwiegesang ziemlich unsicher
waren und daB ihre Eieder als absolut artgetreue Volkstiberlieferung nicht
ohne weiteres zu betrachten sind. Der eine Bruder erzáhlte mir jedenfalls,
daB er Zwiegesánge, wenigstens zum Teil, nach dem Volksliederbuch von
Bjarni Þorsteinsson gelernt hátte. Vielleicht verkörpert hier der Vater
mehr von der Tradition, obwohl er schon alt geworden, den Gesang nicht
mehr pflegt. Aber auch er hat sich nicht ganz deutlich dazu geáufiert,
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